Von Fabrice Müller
2021 wird Weleda sein 100-Jahr-Jubiläum feiern. Das Unternehmen mit Sitz in Arlesheim BL gilt als Pionier im Bereich der anthroposophischen Arzneimittelherstellung. Mit dem eigenen Heilpflanzengarten und der Biodiversitätsstrategie setzt Weleda ebenfalls Akzente.
Krankheiten gelten in der anthroposophischen Medizin als Prozesse, die in Form von körperlichen oder seelischen Störungen sowie als Veränderungen auftreten, wenn die Wechselwirkung zwischen Körper, Geist und Seele eines Patienten nicht mehr harmonisch ineinandergreifen. Ziel der anthroposophischen Medizin ist es, die gesunden Kräfte des Menschen zu aktivieren, seine Selbstheilungskräfte zu unterstützen und so den Krankheitsprozess zu beeinflussen.
Ziel der anthroposophischen Medizin ist es, die gesunden Kräfte des Menschen zu aktivieren, seine Selbstheilungskräfte zu unterstützen und so den Krankheitsprozess zu beeinflussen.
Als weltweit führender Hersteller von ganzheitlichen, natürlichen und biologischen Arzneimitteln für die anthroposophische Therapierichtung und Kosmetika hat Weleda einen wesentlichen Beitrag zur Verbreitung und Förderung der anthroposophischen Medizin geleistet. Das Unternehmen mit rund 2’500 Mitarbeitenden, davon rund 70 Prozent Frauen, wurde 1921 gegründet und feiert nächstes Jahr sein 100-Jahr-Jubiläum.
Sechs medizinische Schwerpunkte
Die Forschung und Entwicklung von neuen Präparaten steht seit zwei bis drei Jahren bei Weleda wieder im Vordergrund, wie Aldo Ammendola, verantwortlich für Forschung und Entwicklung in der Geschäftsleitung, erklärt. Zuvor war das Unternehmen längere Zeit vor allem damit beschäftigt, bestehende Arzneimittel zu erhalten. Ursprünglich umfasste das Arzneimittelsortiment von Weleda rund 11’000 Produkte, 2010 waren es noch deren 5’000; mittlerweile wurde das Sortiment auf 800 Präparate reduziert – vor allem aus Kostengründen. «Die hohen behördlichen Auflagen beispielsweise rund um die Kennzeichnungspflicht von Inhaltsstoffen haben uns gezwungen, das Sortiment stark zu reduzieren.» Eine solche Verkleinerung des Angebots hat jedoch zur Folge, dass für die komplementärmedizinische, auf das Individuum abgestimmte Therapie eine weniger breite Palette an verschiedenen Arzneimitteln zur Verfügung steht. Dies kann den Wirkungskreis dieser Medizin je nach Fall empfindlich einschränken.
Gut zu wissen…
Immer mehr Komplementär- und Phytoarzneimittel, die über die Grundversicherung abgerechnet werden können, lassen sich wirtschaftlich nicht mehr rentabel produzieren. Sie verschwinden deshalb vom Markt oder müssen über Zusatzversicherungen bezahlt werden. Beides hat schwerwiegende Nachteile für komplementärmedizinische Behandlungen.
Nun wird aber bei Weleda wieder geforscht, schliesslich lebe die Komplementärmedizin – so Aldo Ammendola – von der Vielfalt. Im Bereich der Augenheilkunde etwa beschäftigt sich das Forscherteam von Weleda mit der Wirkung der Malve bei trockenen und entzündeten Augen. Stark vertreten sind zum Beispiel auch die Heilpflanzen Arnica und Calendula. Bis ein neues Produkt auf den Markt gelangen kann, dauert es bis zu zehn Jahre. In dieser Zeit durchläuft der Wirkstoff eine Reihe von klinischen Verfahren und Studien.
Bis ein neues Produkt auf den Markt gelangen kann, dauert es bis zu zehn Jahre.
Viele Millionen Franken kostet die Lancierung eines neuen Arzneimittels. Zu den Schwerpunkten der anthroposophischen Medizin von Weleda gehören die Bereiche Augen, Stress und Schlaf, Erkältungserkrankungen und Immunsystem, Bewegungsapparat und Muskelerkrankungen sowie Verdauungserkrankungen. Besonders die Arzneimittel bei Erkältungserkrankungen erfreuten sich während der Corona-Krise laut Aldo Ammendola einer hohen Nachfrage.
Eigener Heilpflanzengarten
Eine weitere Besonderheit von Weleda sind spezielle anthroposophische Herstellungsverfahren mit Wärme und Kälte. Gegen tausend natürliche Rohstoffe bilden seit Jahrzehnten die Grundlage für die Arzneimittel wie auch Naturkosmetika von Weleda. Dabei stammen 83 Prozent der pflanzlichen Ressourcen gemäss den 2011 erarbeiteten Biodiversitätsrichtlinien aus kontrolliert biologischem oder biologisch-dynamischem Anbau und aus zertifizierter Wildsammlung. Ausserdem wird nach eigenen Angaben auf synthetische Konservierungsstoffe wie auch auf Gentechnik und die Patentierung von Pflanzen oder anderen Lebewesen verzichtet.
Gegen tausend natürliche Rohstoffe bilden seit Jahrzehnten die Grundlage für die Arzneimittel wie auch Naturkosmetika von Weleda.
Im eigenen Heilpflanzengarten am Standort Schwäbisch-Gmünd (D), mit 260 Pflanzenarten dem grössten seiner Art in Europa, wird ein Grossteil der verwendeten Heilpflanzen kultiviert. Zur Biodiversitätsstrategie von Weleda gehört zum Beispiel auch der sparsame Umgang mit Wasser, das Sammeln von Regenwasser oder die Nutzung von Grundwasser, das wieder dem Naturkreislauf zugeführt wird.
Forschung weiter ausbauen
Die Forschungsarbeit soll in Zukunft weiter intensiviert werden, betont Aldo Ammendola. «Wir wollen mit neuen Präparaten herausstellen, für welche Art von Medizin wir stehen. Im Ziel steht dabei stets, den Menschen wieder in die Balance zu bringen und seine Selbstheilungskräfte zu stimulieren.»
Fotos: Weleda
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