Von Claudia Herzog
Sie haben chronische Schmerzen, Spastiken, leiden an Appetitlosigkeit oder an neurologischen Erkrankungen; Für viele Patienten ist Medizinal Cannabis die letzte Hoffnung. Eine hart erkämpfte Hoffnung; denn in der Schweiz ist der Weg zu diesen Präparaten immer noch gesäumt von zahlreichen bürokratischen Hürden. Sind diese endlich aus dem Weg geräumt; ist eine Bewilligung von Bundesamt für Gesundheit (BAG) da, scheitert der Bezug von Medizinal Cannabis nicht selten an den Kosten. Weil die Krankenkasse nicht bezahlen will, der Patient nicht zahlen kann.
«Das ist das Schlimmste für mich», sagt Manfred Fankhauser, «wenn das Medikament bei Patienten nicht hilft, ist das auch schlimm. Aber bei Patienten, bei denen nach Jahren Medizinal Cannabis das erste Medikament ist, das greift, und es scheitert an den Kosten. Das ist eine Katastrophe.»
Medizinal Cannabis als Berufung
Seit seiner Doktorarbeit beschäftigt sich Fankhauser, 56-jährig, aufgewachsen im Trub, mit Cannabis. Als schweizweit erster Apotheker besitzt er die Bewilligung, in bestimmten Fällen Patienten Medizinal Cannabispräparate zu verkaufen. Das synthetische THC importiert er aus Deutschland und verarbeitet es zum fertigen Medikament, den sogenannten Dronabinol-Tropfen. Dazu kommen Cannabis-Extrakte aus dem eigens für die Apotheke angebauten Hanf.
Die Faszination an der Pflanze und das Helfersyndrom, diese zwei Dinge treiben mich an.
Zu Beginn bewilligte ihm das BAG fünf Patienten, inzwischen hatte Manfred Fankhauser über 5000 Patienten aus der ganzen Schweiz. «Die Faszination an der Pflanze und das Helfersyndrom, diese zwei Dinge treiben mich an», sagt Manfred Fankhauser, «ich will den Menschen helfen und ich habe schon früh das medizinische Potential von Cannabis erkannt.»
Es kommt immer wieder vor, dass Patienten mit grossen Hoffnungen, aber ohne Verfügung, direkt in der Apotheke in Langnau im Emmental stehen und Medizinal Cannabis kaufen wollen. «Immer wieder nehmen Menschen eine weite Reise zu uns vergebens auf sich», sagt Manfred Fankhauser; «Auch wenn Medizinal Cannabis kein Wundermittel für alles gegen alles ist. Aber: Es ist ein Wunder, dass die Pflanze derart vielseitig einsetzbar ist.»
Zug um Zug zum legalen Heilmittel
Bereits als Manfred Fankhauser vor dreissig Jahren mit seiner Frau, einer ausgebildeten Drogistin, die Bahnhofapotheke übernahm, erkundigten sich schwerkranke Patienten nach Medizinal Cannabis. Damals war das Tüfteln an Präparten mit THC – auch zu medizinischen Zwecken – verboten. Manfred Fankhauser fand ein juristisches Schlupfloch: «Im Gesetz war nur von Hanf die Rede. Ich habe argumentiert, dass wir mit synthetischem THC arbeiten, das aus Orangenschalen und Flechten gewonnen wird; dass der Wirkstoff also nichts mit Hanf zu tun hat.»
Der Zugang zu Medizinal Cannabis ist immer noch viel zu kompliziert.
Der Kniff hat funktioniert und seitdem sei viel in Sachen Akzeptanz gegangen, meint der Apotheker. Medizinal Cannabis hole sich – Zug um Zug – seinen legalen Platz in der Medizin zurück. «Doch zurzeit ist der Zugang immer noch viel zu kompliziert», findet Manfred Fankhauser, «da muss sich noch viel, gerade auch auf politischer Ebene etwas tun.»
Nebst seinem Pioniergeist, was fasziniert ihn denn nun seit Jahren so stark an Cannabis? «Die Pflanze ist schlicht schön», sagt Manfred Fankhauser. Nur der typische Cannabis-Geruch möge er nicht besonders. Und auch Kiffen sage ihm nichts, er trinke lieber ein gutes Glas Wein. Und fügt lachend hinzu: «Cannabis lässt niemanden kalt. Sie können mit Jung und Alt diskutieren, jeder hat eine Meinung über diese Pflanze. Mit Cannabis ist man nie allein.»
Videocredits:
Kamera: Roman Vital
Konzept/Ton/Interview/Postproduktion: Claudia Herzog
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