Der Schatz an traditionellen Heilmitteln schwindet – die Behörden erhöhen Anforderungen und Gebühren
Das Heilmittelgesetz sieht für Heilmittel der Komplementärmedizin ein vereinfachtes Zulassungsverfahren vor. In klarem Widerspruch zum Gesetz, hat Swissmedic die Hürden für das sogenannte vereinfachte Zulassungsverfahren sehr hoch angesetzt. Die Zulassungsvorschriften sind bürokratisch, aufwendig und teuer.
Die Komplementärmedizin verwendet auf die Patienten individuell abgestimmte Medikamente. Ärzte und Therapeuten benötigen deshalb eine grosse Vielfalt von patientenspezifischen Medikamenten in ganz kleinen Mengen. Ein Zulassungsdossier kostet rasch einmal mehrere tausend Franken. Dies hat zur Folge, dass Heilmittel, die nur in kleinen Mengen vertrieben werden, nicht einmal ihre Zulassungskosten decken und deshalb aus dem Sortiment gestrichen werden. Der Schweizerische Verband für komplementärmedizinische Heilmittel SVKH hatte bereits 2006 gewarnt, dass die Arzneimittelvielfalt bedroht ist.
Ein Blick in die Geschäftsberichte von Swissmedic belegt, dass die Anzahl zugelassener Arzneimittel Jahr für Jahr sinkt. Nationalrätin Marianne Kleiner (FDP AR) hatte 2007 die parlamentarische Initiative «Heilmittelgesetz. Vereinfachte Zulassung der Heilmittel der Komplementärmedizin konkretisieren» (07424) eingereicht. Der Vorstoss wurde von den Gesundheitskommissionen des National und Ständerates trotz Widerstands der Behörden einstimmig genehmigt. Seither ist nichts mehr passiert. Im Gegenteil einzelne Punkte wurden verschärft, wie etwa die Heilmittelabgabe von nichtärztlichen Therapeuten. Dagegen haben der Dachverband Komplementärmedizin Dakomed und der SVKH im März 2010 eine ausführliche Vernehmlassungsantwort eingereicht. Für den Erhalt der Arzneimittelvielfalt wären zulassungsfreie Kleinmengen (maximal 100 Packungen pro Jahr) sehr wichtig. Natürlich gelten auch bei Kleinmengen die strengen internationalen Produktionsregeln, deren Einhaltung jederzeit von den Inspektoren überprüft werden kann.
Je höher die Zulassungshürden und -kosten sind, desto mehr Heilmittel verschwinden vom Markt. Sie werden im Schwarzmarkt bezogen, oft mit beträchtlichem Risiko für die Gesundheit. Die Heilmittelbehörde Swissmedic warnt mit Recht eindringlich davor, Arzneimittel aus dem Internet zu bestellen. Gemäss der Bundesbehörde ist nur bei Arzneimitteln aus kontrollierten Schweizer Bezugsquellen gewährleistet, dass «die Gesundheit nicht gefährdet wird und die Qualität den Anforderungen und Erwartungen entspricht». Problematisch ist, dass Swissmedic für den Schwarzmarkt von Komplementär und pflanzlichen Arzneimitteln mitverantwortlich ist, weil die Zulassungshürden immer höher werden.
Statt die Zulassung zu vereinfachen, will Swissmedic neu die Gebühren erhöhen. Die Erstzulassung eines bekannten pflanzlichen Wirkstoffs soll neu etwa 10 000 Franken statt wie bisher 3000 Franken kosten. Der Entwurf der Gebührenverordnung geht diesen Sommer in eine Vernehmlassung. Dakomed fordert den Bundesrat auf, die Gebührenexplosion zu stoppen, und wird eine entsprechende Vernehmlassungsantwort einreichen. Anstatt die Gebühren zu erhöhen, sollte Swissmedic den Verfassungsartikel ernstnehmen und ihre Kompetenzen im Bereich Komplementärmedizin stärken. Der Gesetzgeber ist gefordert, Swissmedic einen entsprechenden Auftrag zu erteilen. Dakomed wird sich dafür einsetzen!
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