Patientenkompetenz – Empowerment – Selbstbestimmung
Der kompetente Patient braucht einen kompetenten Arzt oder Therapeuten, der seinem Wunsch nach Mitbestimmung gerecht wird. Diesem Anspruch des Patienten auf eine Mitgestaltung seiner Behandlung nach eigenen Grundüberzeugungen wird heute noch ungenügend nachgekommen.
Die traditionelle Arzt-Patienten-Beziehung, in welcher der allwissende Arzt dem unwissenden Patienten gegenübersteht, sollte der Vergangenheit angehören. Heutige Patienten suchen Ärzte oder Therapeuten, die dialogbereit sind. Sie müssen auf die Sorgen, Ängste und Bedürfnisse der Patienten eingehen. Die heutigen Patienten haben mehr Wissen über Gesundheit und Krankheit. Auch wenn dieses Wissen für die Therapierenden oft als Halbwissen wahrgenommen wird, so muss es ernst genommen werden. Denn wer sich informiert, wer sich mit Gesundheit und Krankheit auseinandersetzt, wird zum mündigen Patienten. Die Patientenkompetenz und die Selbstbestimmung – auch Empowerment genannt – zu erhöhen, sind für das Gesundheitswesen zentral.
Durch eine bewusste Lebensführung lassen sich Krankheiten vermeiden, was das primäre Ziel ist. Die Wissenschaft zeigt klar: Für den Therapieerfolg sind das Wissen, die Haltung und die Mitwirkung des Patienten mitentscheidend. Kompetente Patienten sind überzeugt, ihre Heilungschancen durch eigenes Handeln verbessern zu können. In zahlreichen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass damit das individuelle Resultat tatsächlich verbessert wird.
Die Förderung der Patientenkompetenz ist ein zentrales Anliegen der Komplementärmedizin. Ihr grösstes Einsatzgebiet (80–90%) sind chronische Erkrankungen, die nicht unbedingt zu einem vorzeitigen Tod führen, aber erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität haben. Es ist verständlich, dass Menschen, die eine lebensbedrohliche Krankheit wie Krebs haben, überlegen, wie breit das therapeutische Angebot sein soll, welches sie in Anspruch nehmen wollen. Damit dem Wunsch nach mehr Mitbestimmung nachgekommen werden kann, braucht es aber genügend Ärztinnen und Ärzte, die Kenntnisse der Komplementärmedizin haben. Nur dann können sie die Patienten kompetent beraten, nur dann können sie entscheiden, ob und wann deren Einsatz sinnvoll ist. Mit zu-
«Für den Therapieerfolg sind das Wissen, die Haltung und die Mitwirkung des Patienten entscheidend.»
nehmenden Kenntnissen steigt auch die Bereitschaft von Schulmedizinern, mit komplementärmedizinisch tätigen Ärzten oder Therapeuten zusammenzuarbeiten. Damit genügend Ärztinnen und Ärzte Kenntnisse der Komplementärmedizin haben, verlangt der Dachverband Komplementärmedizin die Integration der Komplementärmedizin in die Ausbildung von Schulmedizinern. Der Bundesrat hat diese Forderung in die Vernehmlassungsvorlage zur Revision des Medizinalberufegesetzes aufgenommen, sie wurde jedoch kritisch diskutiert. Namentlich die Ärzteorganisation FMH hat sich dagegen ausgesprochen – wenn auch aus formalen Gründen.
Des weiteren ist es wichtig, dass die komplementärmedizinisch tätigen Therapeuten gute fachliche Qualifikationen in ihrer Fachrichtung haben und genügend Basiswissen über Schulmedizin aufweisen. Entsprechend fordert der Dachverband eidgenössisch anerkannte Diplome, welche die zuständigen Organisationen (OdA AM und OdA KT) derzeit erarbeiten.
Die Zusammenarbeit von Schul- und Komplementärmedizin und der Einbezug der Patienten in die Behandlung sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Der Widerstand der «etablierten» schulmedizinische Kreisen, namentlich der FMH und der Universitäten, bleibt beträchtlich. Umso wichtiger ist es, dass der Dachverband Komplementärmedizin sich mit Vehemenz für die Patientenanliegen engagiert. Wir informieren interessierte Kreise über Komplementärmedizin und setzen uns auf der politischen Ebene und im Dialog mit den Behörden dafür ein,
- dass die Ärztinnen und Ärzte mehr Fachwissen über Komplementärmedizin erhalten und
- dass die Ausbildungen und Diplome der Therapeuten eine hohe Qualität aufweisen und von der Eidgenossenschaft anerkannt werden.
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