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Corona und Psyche: Wenn die Krise auf die Seele schlägt

von Redaktion Millefolia
Älterer Mann sitz mit geschlossenen Augen auf ledernem Lehnstuhl und hört Musik mit dem Kopfhörer

Von Fabrice Müller

Angst, die Arbeitsstelle zu verlieren oder schwer krank zu werden. Die Corona-Pandemie löst bei vielen Menschen Sorgen oder gar psychische Erkrankungen aus. Neben psychotherapeutischen Angeboten können komplementärmedizinische Methoden für Linderung und Ruhe sorgen.

«Ich habe Angst, meinen Job zu verlieren. In der Firma sieht es derzeit nicht gut aus. Wir haben kaum noch Aufträge. Es fällt mir schwer, ruhig zu bleiben. Diese Ungewissheit macht mich fertig.» So schildert eine Frau ihre derzeitige Situation in Zeiten der Coronakrise. Eine andere Person beschreibt ihre Gefühle im Internet wie folgt: «Wenn ich am Morgen aufwache, dauert es einen Moment, bis ich realisiere: Das war gar kein Albtraum. Das ist Realität. Ich bin Unternehmerin. Meine Stimmung wechselt mehrmals täglich zwischen Optimismus und Existenzangst.»

Die Menschen sind verängstigt, isoliert und vielleicht sogar gesundheitlich betroffen.

Die Corona-Pandemie hat vieles in unserer Gesellschaft innerhalb von wenigen Wochen völlig auf den Kopf gestellt. Die Menschen sind verängstigt, isoliert und vielleicht sogar gesundheitlich betroffen. Daraus können sich Depressionen und andere psychische Erkrankungen entwickeln.

Gehirn im Reptilienhirnmodus

Beruhigend für Körper und Geist wirken Atemübungen sowie allgemein Methoden, die die Aufmerksamkeit in den psychophysischen Innenraum lenken – zum Beispiel  Meditation oder progressive Muskelrelaxation.

«Die Coronakrise löst bei vielen Menschen eine grosse Verunsicherung, also eine Art kollektive Angst aus», bestätigt Enrico Frigg, stellvertretender Chefarzt mit Ausbildungen im Bereich der Komplementärmedizin an der Privatklinik Mentalva, die zu den Psychiatrischen Diensten Graubünden gehört. Das Coronavirus bereite vielen Menschen Mühe, weil die Viren nicht sicht- und greifbar, aber trotzdem allgegenwärtig sind. «Dass es sich um eine Bedrohung handelt, zeigen die vielen Bilder in den Medien. Diese Eindrücke schüren die Angst zusätzlich.»

Die Coronakrise löst bei vielen Menschen eine grosse Verunsicherung, also eine Art kollektive Angst aus.

Wie Enrico Frigg erklärt, aktivieren solche Bedrohungen das sogenannte Reptilienhirn, den evolutionär ältesten Teil unseres Gehirns. Dies bedeutet, dass archaische Mechanismen, die dem biologischen Überleben dienen, aktiviert werden. Neben den gesundheitlichen Gefahren sind viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie auch Unternehmerinnen und Unternehmer in Sorge um ihren Arbeitsplatz oder um ihre Firma. Diese Existenzangst belastet die Psyche der Menschen zusätzlich.

Verunsicherung und Angst

Nicht alle Menschen reagieren gleich auf solche Bedrohungen. «Wer besorgt durchs Leben geht, wird auf die Corona-Pandemie eher mit Verunsicherung und Angst reagieren», sagt Enrico Frigg. Aber auch bei Personen, die unter gesundheitlichen Problemen leiden, könnte eine Pandemie psychische Symptome wie starke Stimmungsschwankungen, Ängste oder gar Depressionen auslösen, warnt der Psychiater und Psychotherapeut.

Wer besorgt durchs Leben geht, wird auf die Corona-Pandemie eher mit Verunsicherung und Angst reagieren.

Denkbar wäre aber ebenso eine gegenteilige Reaktion: «Angesichts der globalen Angst könnten sich Menschen mit einer Angsterkrankung unter Umständen auch eingebetteter fühlen, da nun eine reale Bedrohung gegeben ist und allgemein empfunden wird.»

Ängste ernst nehmen

Wie kann Menschen, die wegen der Corona-Pandemie und ihren Folgen unter Ängsten und anderen psychischen Störungen leiden, geholfen werden? Ein zentrales Angebot ist – je nach Schweregrad der psychischen Erkrankung – eine ambulante oder stationäre Psychotherapie: «Das A und O in der Psychotherapie ist, dass man den Menschen zuhört, Empathie zeigt und ihre Sorgen ernst nimmt», betont Enrico Frigg. In beiden Behandlungsarten gehe es darum, seelisches Leiden zu mindern und an sich selbst zu arbeiten, sodass die Patientinnen und Patienten künftig besser in der Lage sind, Krisen zu bewältigen.

An der Privatklinik Mentalva werden bewusst auch komplementärmedizinische Arzneien und Therapien als Alternativen zur Schulmedizin angeboten.

Komplementärmedizin als Alternative

Die Privatklinik Mentalva bietet neben schulmedizinischen Leistungen auch komplementärmedizinische Therapien an. «Wenn Menschen gewisse Abneigungen gegenüber schulmedizinischen Methoden haben, können wir ihnen Alternativen bieten», schildert Enrico Frigg, der sich nach seinem Medizinstudium und der Psychiatrie- und Psychotherapieausbildung auch in fernöstlichen Heilmethoden bildete. «Ich entschied mich für diesen Weg, weil mir die Schulmedizin in vielen Fällen zu einseitig erschien. An unserer Klinik versuchen wir, die Schul- und Komplementärmedizin miteinander zu verbinden.»

Bei psychischen Erkrankungen rund um die Corona-Pandemie biete sich zum Beispiel die Traditionelle Chinesische Medizin an, die Lunge zu stärken und durch Achtsamkeits-basierte Methoden mehr Ruhe ins Erleben zu bringen.

Bei psychischen Erkrankungen rund um die Corona-Pandemie biete sich unter anderem die Traditionelle Chinesische Medizin an, die Lunge zu stärken und durch achtsamkeitsbasierte Methoden mehr Ruhe ins Erleben zu bringen. Ebenfalls unterstützend wirken etwa Atemübungen und allgemein Methoden, die die Aufmerksamkeit in den psychophysischen Innenraum lenken, wie Meditation oder progressive Muskelrelaxation.

Zunahme mit Verzögerung

Enrico Frigg rechnet damit, dass die Zahl der Menschen, die als Folge der Corona-Pandemie psychisch erkranken und zum Beispiel eine Depression entwickeln, in nächster Zeit zunehmen wird, wenn auch verzögert. «Die Menschen haben in den vergangenen Monaten mehr Zeit als üblich miteinander verbracht, teils auf engem Raum. Dies ist leider auch ein Nährboden für Konflikte, eskalierende Beziehungsprobleme und letztlich Scheidungen.»

Mehr Informationen zur Privatklinik Mentalva

Umfrage zum Corona-Stress

Eine Studie von Forschenden der Universität Basel untersucht die Auswirkungen der Coronakrise auf das psychische Befinden der Schweiz. Ziel der schweizweiten Umfragestudie ist es, die Folgen der Corona-Pandemie auf das psychische Wohlbefinden zu untersuchen und sowohl gewichtige Risikofaktoren als auch schützende Faktoren zu identifizieren. Es handelt sich dabei um eine 15-minütige Online-Umfrage.  Am Ende erhalten die Teilnehmenden anhand ihrer Antworten persönliche Tipps zur Stressreduktion. (fm)

Zur Umfrage

Enrico Frigg

Enrico Frigg ist stellvertretender Chefarzt mit Ausbildungen im Bereich der Komplementärmedizin an der Privatklinik Mentalva. Mentalva gehört zu den Psychiatrischen Diensten Graubünden.

Fotos: zVg

 

 

 

 


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