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Gemeinsam für eine starke Komplementärmedizin

von Redaktion Millefolia
Dakomed Anlass "Thurgauer Phyto-Valley"
Bildlegende: Im Heilkräutergarten der Ceres in Kesswil TG: Urs Martin, Edith Graf-Litscher, Christoph Kalbermatten und Dr. Herbert Schwabl (von links nach rechts)

Von Manuela Fey

Die Vielfalt natürlicher Arzneimittel ermöglicht ein vielseitiges Therapieangebot der Komplementärmedizin und damit die Freiheit der Therapiewahl der Bevölkerung. Aktuell arbeiten Vertreterinnen und Vertreter der Komplementärmedizin an Lösungen, um den Erfahrungsschatz zu sichern und die Vielfalt zu bewahren.

„Gemeinsam setzen wir uns für die Bedürfnisse der Bevölkerung und für faire Rahmenbedingungen ein“, erklärt Edith Graf-Litscher. Es brauche eine starke Komplementärmedizin für die Medizin der Zukunft, so die Thurgauer Nationalrätin und Präsidentin des Dachverbands Komplementärmedizin. Dr. Herbert Schwabl, Präsident des Schweizerischen Verbands für komplementärmedizinische Heilmittel (SVKH) und Geschäftsführer der Padma AG, verweist auf den Verfassungsauftrag von Artikel 118a zur Komplementärmedizin: „Das Volk will es.“

Thurgauer Phyto-Valley

Die schöne Natur des Kantons ist Basis für die Herstellung toller Produkte.

Am gesamtschweizerischen Netzwerkanlass des Dachverbands Komplementärmedizin bildet die Schönheit der Thurgauer Natur die Kulisse. „Sie ist Basis für die Herstellung toller Naturprodukte“, betont der Thurgauer Regierungsrat Urs Martin. Firmen wie Ceres Heilmittel AG, Regena AG, A. Vogel AG oder Max Zeller Söhne AG würden die Bedeutung des Thurgauer „Phyto-Valley“, des Thurgauer Zentrums für pflanzliche Heilmittel, ausmachen.

Erfahrungsmedizin wissenschaftlich sichern

Das neue Online-Vademecum der Komplementärmedizin will den jahrhundertealten Erfahrungsschatz der Komplementärmedizin bewahren. Werde das Wissen nicht weitergegeben, sei es unrettbar verloren: „Die heutige Welt braucht Daten“, verdeutlicht Mitinitiant Christoph Kalbermatten. Auch durch fehlende Geldmittel in der Forschung oder durch mangelnde Lehre der Integrativen Medizin an Hochschulen etwa schwinde die Vielfalt, so der Co-Geschäftsführer der Ceres Heilmittel AG.

Vademecum der Komplementärmedizin
https://www.dasvademecum.org/
Im Arzneimittelkompendium werden Behandlungen der komplementären und integrativen Medizin gesammelt. In einem transparenten Prozess dokumentieren qualifizierte Fachpersonen anonymisierte Einzelfallberichte. Diese werden strukturiert, plausibilisiert und freigebeben. Das Vademecum ist ein Nachschlagewerk, das Erfahrungswissen strukturiert und wissenschaftlich bewertet verfügbar macht.
Mitinitiant Christoph Kalbermatten lädt Behandelnde dazu ein, möglichst viele Daten zu erfassen. Die Website enthält ausführliche Antworten zu den häufigsten Fragen. Telefonische Unterstützung ist ebenfalls möglich. Aktuell ist eine Vorversion mit eingeschränkten Funktionen online und interessante Fälle können bereits eingegeben werden. Ende 2022 soll das Vademecum online gehen und wird dann von der Hufelandgesellschaft (ärztlicher Dachverband für Integrative Medizin in Deutschland) herausgegeben und verantwortet.

Transparenter Prozess führt von Erfahrung zu Evidenz

Qualifizierte Fachpersonen wie Therapeuten, Ärzte oder Apotheker erfassen online anonymisierte Einzelfallberichte ihrer komplementärmedizinischen Behandlungen. „Die Angaben erlauben keine Rückschlüsse auf die therapierte Person“, versichert Christoph Kalbermatten. Danach beurteilen medizinische Gutachterinnen und Gutachter des Vademecums die Fälle fachlich unabhängig. In den freigegebenen strukturierten Daten können Fachpersonen mit Filterfunktionen ebenso nach neuen Indikationen (Anwendungsgebiete) wie zum Beispiel Long Covid suchen: „Das Arzneimittelkompendium bildet die Realität in Echtzeit ab.“ Christoph Kalbermatten lädt dazu ein, möglichst viele Daten zu sammeln. Ende 2022 geht das von Verbänden und Firmen unterstützte Projekt online.

Vielfalt natürlicher Arzneimittel stark geschwunden

Um vierzig Prozent gesunken ist in den letzten zehn Jahren die Anzahl der in der Schweiz zugelassenen pflanzlichen Arzneimittel. Dies belegen Statistiken des Heilmittelinstituts Swissmedic. 1701 zugelassene Komplementärarzneimittel ohne Indikation (14 Prozent) sind im gleichen Zeitraum ebenfalls vom Markt verschwunden. Neuzulassungen von Komplementär- und Phytoarzneimitteln mit neuen Wirkstoffen hat es in den vergangenen drei Jahren keine einzige gegeben.

Das Bundesamt für Gesundheit fokussiert einseitig die Wirtschaftlichkeit.

Dr. Herbert Schwabl erklärt: „Vor allem die ständigen Preissenkungen verursachen den starken Schwund.“ Der Zwang nach immer tieferen Verkaufspreisen deckt nicht einmal mehr die Herstellungskosten; auch Innovationen sind in diesem Umfeld unmöglich geworden.

  • Jedes fünfte in der Schweiz zugelassene Arzneimittel ist ein natürliches.
  • Die Anzahl der zugelassenen pflanzlichen Arzneimittel ist seit 2012 um 40 Prozent gesunken.
  • 1701 zugelassene Komplementärarzneimittel ohne Indikation sind seit 2012 vom Markt verschwunden. Dies entspricht einem Rückgang von 14 Prozent.
  • Es gibt kaum Neuzulassungen von Komplementär- und Phytoarzneimitteln.
  • Es gibt keine Innovationen.

Preisbildung ist gesetzgeberische Problematik

Laut Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) muss ein zugelassenes Arzneimittel wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein, damit es das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in die Spezialitätenliste (SL) mit Preisangabe aufnimmt und es somit die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet. „Der Preisbildungsmechanismus ist aber im Gesetz nicht festgelegt“, zeigt Dr. Herbert Schwabl auf. Dadurch könne das BAG die laufende Praxis beliebig ändern. So hat Padma AG den Preis eines bewährten Arzneimittels von günstigen 4.65 Franken um fünfzig Prozent auf billige 2.34 Franken senken müssen. Nach einer derart massiven Preissenkung durch die Behörde kann dieses Arzneimittel nicht mehr kostendeckend hergestellt werden und wird eingestellt: „Das BAG fokussiert einseitig die Wirtschaftlichkeit.“ Mit Preisreduktionen im Tiefpreissegment kompensiere es Preissteigerungen im Hochpreissegment. Auch wolle es so steigenden Krankenkassenprämien entgegenwirken.

Nur eine reiche Vielfalt an Naturheilmitteln ermöglicht der Bevölkerung die verfassungsgemässe Freiheit der Therapiewahl.

Als Nächstes bildet der SVKH mit Interessengruppen und Partnerverbänden eine Arbeitsgruppe. Ziel sei es, Ankerpunkte im Gesetz zu setzen, sagen Edith Graf-Litscher und Dr. Herbert Schwabl: „Nur eine reiche Vielfalt an Naturheilmitteln ermöglicht der Bevölkerung die verfassungsgemässe Freiheit der Therapiewahl.“


Edith Graf-Litscher ist seit 2005 Thurgauer SP-Nationalrätin und seit 2000 Vizepräsidentin der SP Thurgau. Sie ist Präsidentin des Dachverbands Komplementärmedizin und des Verbands Komplementärmedizin Regio Thurgau.

Urs Martin ist seit 2020 SVP-Regierungsrat des Kantons Thurgau, Vorsteher des Departements für Finanzen und Soziales und im Amtsjahr 2022/23 Vizepräsident des Regierungsrats.

Herbert Schwabl ist Doktor der Technischen Physik und seit 1994 Geschäftsführer der Padma AG in Wetzikon ZH. Er ist seit 2010 Präsident des Schweizerischen Verbands für komplementärmedizinische Heilmittel SVKH und seit 2009 Vorstandsmitglied des Dachverbands Komplementärmedizin.

Christoph Kalbermatten ist Apotheker (Dipl. Pharm. ETH) und leitet als Co-Geschäftsführer mit Bruder Pascal Kalbermatten die Ceres Heilmittel AG in Kesswil TG. Christoph Kalbermatten ist seit 2019 Vorstandsmitglied des Schweizerischen Verbands für komplementärmedizinische Heilmittel SVKH und Mitinitiant des Vademecums der Komplementärmedizin.


Bilder: Manuela Fey, pixabay

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3 Kommentare

Helena Brunner 27. September 2022 - 9:28

Ich finde wichtig solche Vorgänge vom BAG publik zu machen. Das Volk, das damals dem Artikel zustimmte soll die Wahrheit erfahren. Eine weite Verbreitung solcher Nachrichten hat der ¨GesundheitsTipp¨. Ich nehme an, die Redaktion erhält diese Mail auch?

Antworten
Aebi Nadine 27. September 2022 - 19:40

Wie kommt es dazu, dass das BAG bei der Preisgestaltung der Produkte mitredet? Die Kosten werden (im Beispiel von Padma) doch vom Konsumenten getragen. Oder nicht?

Antworten
Redaktion Millefolia 28. September 2022 - 12:23

Das BAG publiziert die Spezialitätenliste mit allen Medikamenten, die von der Grundversicherung vergütet werden. Das BAG bestimmt, welche Medikamente auf die Liste aufgenommen werden und setzt den Preis fest. Ein Medikament muss wirtschaftlich, zweckmässig und wirtschaftlich sein, um auf die Liste aufgenommen zu werden. Verschreibt eine Ärztin ein Medikament der Spezialitätenliste, dann wird es von der Grundversicherung zum festgelegten Preis vergütet, unter Berücksichtiung von Selbstbehalt und Franchise. Kauft ein Konsument das Präparat im Fachhandel zur Selbstmedikation, so trägt er die Kosten.

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