von Fabrice Müller
Frische Pflanzenknospen sind reich an Phytohormonen und pflanzlichen Wachstumsfaktoren. In der Gemmotherapie macht man sich ihre heilende Wirkung bei akuten und chronischen Beschwerden zunutze.
Ribes nigrum, auch bekannt als Schwarze Johannisbeere oder schwarze Ribisel, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Johannisbeeren in der Familie der Stachelbeergewächse. Die Wirkstoffe ihrer Knopsen helfen gegen Halsschmerzen, beginnende Erkältungen und Heuschnupfen. Bei Gelenkschmerzen hingegen setzt man in der Knospentherapie auf die Triebe von Esche, Bergkiefer und Europäischer Weinrebe.
Zahlreiche einheimische Bäume und Sträucher wie Esche, Walnuss, Weissdorn oder die Silberlinde liefern mit ihren Knospen wertvolle Wirkstoffe für die Gemmotherapie.
«Zahlreiche einheimische Bäume und Sträucher wie Esche, Walnuss, Weissdorn oder die Silberlinde liefern mit ihren Knospen wertvolle Wirkstoffe für die Gemmotherapie», erklärt Dr. med. Barbara Bichsel aus Schiers (GR), Co-Autorin des Buches «Gemmotherapie – die Kraft der Knospen». Die Ärztin und Komplementärmedizinerin beschäftigt sich seit Jahren mit der Pflanzenheilkunde, zu der auch die Knospentherapie gehört.
Aus frischen Pflanzensprossen
Gemmo ist lateinisch und bedeutet Knospe. Die Arzneimittel der Gemmotherapie werden aus frischen Pflanzentrieben hergestellt – Gewebe, das sich in der Vermehrung befindet und damit reich an pflanzlichen Wachstumsfaktoren ist. «In dieser jungen Phase erreicht eine Pflanze die höchste Vitalität», erklärt Barbara Bichsel. Entdeckt und entwickelt wurde die Knospentherapie in den 1950er-Jahren von Dr. Pol Henry aus Belgien. In der Schweiz werden Arzneien für die Gemmotherapie seit den 1990er-Jahren hergestellt.
Anwendung und Dosierung von Gemmomazeraten (Kaltauszügen)
Die Glycerol-Mazerate werden als Spray eingenommen und schmecken durch den Glyceringehalt leicht süsslich. Sie werden direkt in den Rachenraum gesprüht. Im Regelfall werden dreimal täglich zwischen den Mahlzeiten zwei bis drei Sprühstösse direkt auf die Mundschleimhaut gesprüht. Ein zeitlicher Abstand von 15 Minuten zur Nahrungs- und Getränkeaufnahme ist notwendig, um die Wirksamkeit nicht zu beeinträchtigen. Mit der Applikation über die Mundschleimhaut erfolgt eine schnelle und vollständige Aufnahme in den Blutkreislauf und damit ein rascher Wirkungseintritt. Eine unerwünschte Zersetzung im Magen-Darm-Trakt wird so vermieden.
Auch für Allergikerinnen und Allergiker
Für die Gemmotherapie werden Pflanzenknospen verwendet, weil diese über sogenannte Phytohormone verfügen. Diese steuern die Entwicklung und das Wachstum der Pflanze, wie die Ärztin Barbara Bichsel erläutert. Die Pflanzenknospen sind besonders reich an pflanzlichen Hormonen wie Gibberellinen, enthalten aber auch Aminosäuren, die Baustoffe für Proteine, sowie Vitamine und Enzyme.
Die Gemmotherapie ist gerade auch für Allergikerinnen und Allergiker interessant.
In der Herstellung werden die Knospen in ein Alkohol-Glycerin-Gemisch eingelegt. «Dadurch werden die für die Gemmotherapie wichtigen Wirkstoffe herausgelöst», sagt Barbara Bichsel. Im Gegensatz zu anderen Pflanzenpräparaten befinden sich in den Produkten der Gemmotherapie keine sekundären Inhaltsstoffe, die unter Umständen Allergien auslösen könnten. «Deshalb ist die Gemmotherapie gerade auch für Allergikerinnen und Allergiker interessant.»
Buchempfehlung
- Dr. med. Barbara Bichsel, Dr. med. Julia Brönnimann: Gemmotherapie – Die Kraft der Knospen. Eugen Ulmer Verlag, 2016/2022, ISBN 978-3-8186-1450-8
Dr. med. Barbara Bichsel ist Ärztin und Komplementärmedizinerin. Gemeinsam mit Dr. med. Julia Brönnimann gibt sie in ihrem Buch über Gemmotherapie einen vertieften Einblick in die Therapie mit Pflanzenknospen.
Hilfe bei akuten und chronischen Beschwerden
Jede Knospe der Gemmotherapie verfügt über spezifische Wirkungsmechanismen, die für akute wie auch chronische Beschwerden eingesetzt werden können. Das Einsatzgebiet ist breit und reicht von Darmbeschwerden über Infekte, von Heuschnupfen und anderen Allergien über Erkältungskrankheiten bis hin zu Wechseljahrbeschwerden und Schlafstörungen. Laut Barbara Bichsel lässt sich die Knospentherapie je nach Fall auch mit anderen Naturheilmitteln wie Phytotherapie oder Homöopathie kombinieren, vor allem, wenn sich die Therapieformen auf unterschiedlichen Ebenen entfalten. «Die Phytotherapie etwa wirkt rasch, ist jedoch meist auf einen ganz bestimmten Bereich fokussiert», schildert die Ärztin.
In dieser jungen Wachstumsphase erreicht eine Pflanze ihre höchste Vitalität.
Die Gemmotherapie hingegen wirke umfassender und lindere zum Beispiel neben Husten auch gleich weitere Erkältungssymptome wie Schnupfen. «Während die Phytotherapie vorwiegend auf der materiellen Ebene wirkt, bewegen sich die Gemmotherapie oder beispielsweise auch die Spagyrik oder die anthroposophische Medizin auf der sogenannten funktionalen Ebene», sagt die Komplementärmedizinerin. Auf der energetischen Ebene schliesslich seien Homöopathie und Akupunktur angesiedelt.
Knospentherapie schon für Kleinkinder geeignet
Wie wird die Gemmotherapie angewendet? «Normalerweise in Sprayform», sagt Barbara Bichsel. Die Gemmotherapie eigne sich auch schon für Kleinkinder ab drei Monaten – beispielsweise bei Schreisäuglingen. Eine Gefahr der Überdosierung bestehe nicht, betont die Ärztin, denn die Wirkung der Präparate sei rein regulativ, ordnend und ausgleichend.
Haben auch Sie schon die Kraft der Knospen eingesetzt?
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Verwendung von heilenden Knospen gemacht: verwenden Sie sie zur Stärkung, eher als Heilmittel oder ganz anders? Wir freuen uns über Ihre Tipps.
Wacholder
(Juniperus communis s. str.)
Die Knospen des Wacholders entgiften Leber und Niere und sind harntreibend und verdauungsfördernd.
Bergföhre
(Pinus mugo s. str.)
Bergföhrenknospen helfen unter anderem gegen Rheuma und Gelenkschmerzen.
Mammutbaum
(Sequoiadendron giganteum)
Die Knospen des Mamutbaumes helfen in der Gemmotherapie zum Beispiel bei Erschöpfung, Energiemangel, Prostata- und Potenzproblemen und Well-Aging des Mannes.
Bilder: Mariam Antadze – Pexels.com / Tim Mossholder – Unsplash.com / Mohamed Chermiti – Pexels.com / zVg
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Jede noch so kleine Spende hilft, künftige Beiträge zu ermöglichen. Herzlichen Dank!