Die Pflanzenheilkunde, auch als Phytotherapie bezeichnet, ist die Urform der Medizin. Seit Alters nutzt der Mensch die heilende Wirkung von Kräutern und Heilpflanzen, um körperliche und seelische Beschwerden zu lindern – und zwar nicht nur bei sich selbst, sondern auch bei seinen Nutz- und Haustieren.
von Lisa Heyl, updated 16.4.24
Eines der ersten tiermedizinischen Werke, das schon ausführlich Pflanzen als Arzneimittel bei Pferden empfiehlt, stammt aus dem 4. Jahrhundert. Eine Heilung von Tieren mithilfe von Pflanzen klingt zuerst logisch, da sich viele Tiere hauptsächlich von Pflanzen ernähren. Es gilt jedoch, einige Punkte zu beachten. Expertin auf diesem Gebiet ist Helene Elmer, Inhaberin der swidro Drogerie Elmer in Bätterkinden (BE) und diplomierte Tierkinesiologin.
Helene Elmer, Phytotherapie bei Tieren – funktioniert das überhaupt?
Helene Elmer: Diese Frage kann mit einem ganz klaren Ja beantwortet werden. Genau wie beim Menschen funktioniert die Phytotherapie wunderbar auch bei unseren Haus- und Nutztieren und auch bei Pferden. Mittlerweile wurde deren Wirksamkeit auch in diversen Studien bereits belegt.
Phytotherapie bedeutet, mit Pflanzen und deren Auszügen wie Tee, Pulver, Tinkturen, aber auch Kompressen und Umschlägen zu arbeiten.
Unter Phytotherapie versteht man die Behandlung mit Pflanzen und deren Extrakten wie Tee, Pulver, Tinkturen, aber auch mit Umschlägen und Wickeln. Diese Therapieform für Menschen und Tiere ist seit Jahrhunderten bekannt. Die Schulmedizin, wie wir sie heute kennen, hat ihren Ursprung in der Phytotherapie.
Wie unterscheidet sich die Anwendung von Phytotherapie bei Mensch und Tier?
Ich sage immer: Pflanze bleibt Pflanze, ob für Mensch oder Tier. Die Pflanze hat ihre Wirkungen, und diese Wirkungen entfaltet sie sowohl beim Menschen als auch beim Tier. Jedoch ist etwa der Verdauungstrakt bei Menschen und Tieren sehr unterschiedlich, und daher ist es wichtig zu wissen, welche Pflanzen für welche Lebewesen geeignet sind und welche nicht.
Auch die Dosierungen unterscheiden sich sehr. Die Anwendung von Phytotherapie benötigt beispielsweise bei einer Katze fundiertes Wissen, da Katzen grundsätzlich Fleischfresser sind und Pflanzenstoffe nur schwer verstoffwechseln können.
Hier finden Sie fundierte Fachberatung zur Behandlung von Tieren mit Komplementärmedizin
- Schweizerische Tierärztliche Vereinigung für Komplementär- und Alternativmedizin camvet: Die Tierärztinnen und Tierärzte dieser Vereinigung ergänzen die klassische Medizin bei Bedarf mit Komplementärmedizin. Diese «stellt besonders bei der Behandlung chronischer Krankheiten Methoden zur Verfügung, die als zusätzliche oder eigenständige Therapiemöglichkeiten eingesetzt werden können», schreibt camvet.
- Berufsverband der Tierheilpraktiker*innen Schweiz BTS: Komplementärmedizin bei Tieren wird nicht nur ärztlich angewendet, sondern auch von diplomierten Therapeutinnen und Therapeuten. Ihr Berufsverband führt ein Therapeutenverzeichnis, mit dem Sie einfach und schnell eine qualifizierte Fachperson in Ihrer Nähe finden.
In welcher Form kann ich meinem Haustier Arzneipflanzen verabreichen?
Dies hängt meist von der Tierart ab. Katzen sind oft sehr skeptisch bei der Einnahme von pflanzlichen Heilmitteln, und sie vertragen den Alkohol in den Tinkturen nicht so gut. Daher empfehle ich oft die Einnahme von Tabletten oder Tee. Bei Hunden ist es vorwiegend etwas einfacher, wenn auch nicht immer.
Bei Hunden kann praktisch das ganze Repertoire an Phytotherapie-Anwendungsformen verwendet werden: Tee, trockene Kräuter, Pulver, Tabletten und Tinkturen.
Hier kann praktisch das ganze Repertoire an Medizinalpflanzen-Anwendungsformen verwendet werden: Tee, trockene Kräuter, Pulver, Tabletten und Tinkturen. Meerschweinchen schätzen die Gabe von trockenen Kräutern oder auch Tropfen für in den Wassernapf. Grundsätzlich muss ganz individuell auf das jeweilige Tier Rücksicht genommen werden und die Anwendungsform je nach Situation und Tier angepasst sein.
Was tun, wenn das Haus- oder Nutztier die Medizin ablehnt?
Hier sind einige Tricks notwendig, und es geht nicht, ohne auszuprobieren. Oft hilft es, das zu verabreichende Produkt mit etwas zu mischen, das vom Duft her den Geschmack der Pflanze etwas überdeckt. Pflanzliche Medikamente können auch unter das Lieblingsfutter gemischt werden.
Sie haben die Dosierung erwähnt, die es unbedingt zu beachten gilt. Was ist da wichtig?
Tiere sind oftmals empfindlicher als wir Menschen, und daher benötigen sie meistens nicht eine so hohe Dosierung wie wir. Es gibt auch Pflanzen, die für Tiere nicht geeignet sind oder nur in geringen Dosen und über eine kurze Zeit verabreicht werden sollten, etwa der Wermut. Hat das Tier Vorerkrankungen wie ein Nierenleiden oder wurden ihm bereits andere Medikamente vom Tierarzt verschrieben, ist es ebenfalls wichtig, vorher eine fachliche Beratung einzuholen, da auch Phytotherapie ihre Kontraindikationen und Interaktionen hat.
Diese Arzneipflanzen können Ihrem Vierbeiner helfen:
- Katze:
Häufiges Leiden: Schnupfen
Heilpflanzen: Je nach Ursache Spitzwegerich, Holunder oder roter Sonnenhut
- Hund:
Häufiges Leiden: Nervosität und Unruhe
Heilpflanzen: Passionsblume, Lavendel, Hopfen, Melisse
- Hase oder Meerschweinchen:
Häufiges Leiden: Verdauungsprobleme
Heilpflanzen: Melisse, Fenchel, Löwenzahn
- Pferd:
Häufiges Leiden: Prellungen und Quetschungen
Heilpflanzen: Umschläge mit Arnika- oder Wallwurztinktur
Ist es sinnvoll, bei einem mittelschweren Leiden, wie einem Hautausschlag, nur auf die Phytotherapie zu setzen oder sollte der Tierarzt konsultiert werden?
Die Entscheidung, ob ein Tierarztbesuch notwendig ist oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab. Wie ist der Allgemeinzustand des Tieres? Sind Futter- und Wasseraufnahme normal, ist das Tier antriebslos oder nicht, welche Körpertemperatur hat es, wie sieht sein Fell aus, nimmt es Medikamente ein, hat es Vorerkrankungen? Und es ist wichtig zu unterscheiden, ob es sich um ein chronisches oder ein plötzlich auftretendes, akutes Problem handelt. Gerade Hautausschläge können diverse Hintergrundursachen haben, wie Nierenleiden, Allergien oder Stoffwechselerkrankungen. Daher ist in diesem Falle eine Untersuchung bei der Tierärztin oder beim Tierarzt oft hilfreich und kann für die Behandlung mit Pflanzenheilkunde optimale Hinweise geben.
Je nach Diagnose ist es auch möglich, auf Schulmedizin zu verzichten und das Problem zuerst mit Phytotherapie anzugehen oder die Therapien zu kombinieren. Dies bedingt eine gute Kommunikation zwischen der Tierhalterin oder dem Tierhalter und der jeweiligen Fachperson.
Erfahren Sie in diesen Millefolia-Beiträgen mehr über die Behandlung Ihrer Haus- und Nutztiere mit Komplementärmedizin:
Haben Sie bei Ihren Tieren auch schon Phytotherapie angewendet?
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Bilder: Oliver King – Pexels.com / Gonzalo Facello – Unsplash.com / Pexels.com /Dawn – Unsplash.com / wirestock_creators – Freepik.com
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1 Kommentar
Ich kann folgendes Buch empfehlen: «Heilpflanzen für Hunde» von Dr. med.vet. Alexandra Nadig, ein sehr übersichtliches und gut bebildertes Buch auch für Anfänger. Auch auf https://www.naturheilkunde-bei-tieren.de/index.html gibt es sehr hilfreiche Empfehlungen.