Von Fabrice Müller
Sanfte Medizin für unvergessliche Momente
Ihre Anwendung rund um den Geburtsprozess zeigt, dass die Homöopathie durchaus auch bei akuten Beschwerden ihre Berechtigung hat. In vielen Geburtshäusern ist die homöopathische Behandlung ein fester Bestandteil.
Bei einem Blasensprung entscheidet sich Anja Zgraggen, Bereichsleiterin Geburtshilfe im Geburtshaus «Terra Alta» in Oberkirch LU, meist für Calium-Carbonicum. Arnica gibt die Hebamme ihren Kundinnen nach der Geburt grundsätzlich immer ab, weil das Mittel den Wundheilungsprozess unterstützt. «Jede Geburt hinterlässt äusserlich oder innerlich Wunden, sei es im Geburtskanal oder etwa bei der Plazentaablösung.» Je nach Geburtsverlauf erhält auch das Kind ein homöopathisches Mittel – zum Beispiel, wenn es nach einer sehr raschen Geburt perplex und geschockt ist. «In solchen Fällen wähle ich meist ein Aconitum», erzählt Anja Zgraggen. Und zu guter Letzt komme es auch vor, dass sogar der Vater ein Mittel benötige, um ihn zu beruhigen oder aus einem Schockzustand zurückzuholen.
Unterstützung des natürlichen Prozesses
In vielen Geburtshäusern ist die Homöopathie ein fester Bestandteil der Behandlungsmethoden, die vor, während und nach der Geburt den Kundinnen verabreicht wird. So zum Beispiel im Geburtshaus «Terra Alta»; aber auch andere Behandlungen aus der Alternativmedizin wie Akupunktur, Schüssler Salze, pflanzliche Heilmittel oder Bachblüten stehen zur Auswahl.
Ich schätze an der Homöopathie ihre grosse Bandbreite an verschiedenen Mitteln.
«Die Homöopathie hat bei uns eine grosse Bedeutung, weil es uns wichtig ist, die Frauen in ihrem natürlichen Prozess zu unterstützen und ihnen mit der Homöopathie eine Hilfestellung zu geben», erklärt Anja Zgraggen. Dies trage schlussendlich zu einem schönen Geburtserlebnis bei. Die Homöopathie diene dazu, im Körper gewisse Reize zu setzen, damit er sich selber helfen kann. «Ich schätze an der Homöopathie ihre grosse Bandbreite an verschiedenen Mitteln», sagt die Hebamme, die sich unter anderem auf homöopathische Behandlungen rund um die Geburtshilfe spezialisiert und weitergebildet hat.
Meist offen für Homöopathie
Bei werdenden Müttern stosse die Homöopathie meist auf grosses Interesse. «Oft haben sie schon vorher erste Erfahrungen mit homöopathischen Mitteln gemacht und sind ihnen gegenüber sehr aufgeschlossen», freut sich Anja Zgraggen, die bei der Frage nach Globuli von ihren Kundinnen nur selten eine Absage erhalte. Manchmal bringen die Frauen sogar bereits ihre eigenen Globuli mit ins Geburtshaus. «In solchen Fällen nehmen wir mit ihren Homöopathinnen und Homöopathen, die ihre Patientinnen ja besser kennen als wir, Rücksprache, um während der Geburt nicht in das Konstitutionsmittel der Frauen einzugreifen.»
Die häufigsten homöopathischen Mittel rund um die Geburt
Arnika
Arnika hilft bei schmerzhaften Nachwehen, auch mit starkem Lochialfluss verbunden. Es ist ein häufig gewähltes Mittel nach invasiven geburtshilflichen Maßnahmen wie Dammschnitt, Zangengeburt oder Kaiserschnitt.
Belladonna, Tollkirsche
Es ist eine häufige Mittelwahl in der fortgeschrittenen Eröffnungsphase, wenn die Schmerzen unerträglich werden.
Caulophyllum, Frauenwurzel
Dieses Mittel wird meist nach Einsetzen der Wehen verwendet, aber auch zur Erweiterung des Muttermundes bei Starrheit und Rigidität.
Chamomilla, Echte Kamille
Dieses Mittel eignet sich vor allem für besonders schmerzempfindliche, nervöse und unruhige Frauen. Chamomilla gilt als eines der wichtigen Schmerzmittel der Homöopathie in Verbindung mit Reizbarkeit.
Gelsemium, Wilder Jasmin
In der Eröffnungsphase der Geburt ist es das Hauptmittel zur Erweiterung des Muttermundes.
Pulsatilla, Küchenschelle
Häufig wird dieses Mittel bei sanften, schüchternen Frauen mit einer Neigung zu Melancholie eingesetzt. Pulsatilla beeinflusst die Wehentätigkeit, soll aber auch häufig schon dazu geführt haben, das Kind in der Gebärmutter zu drehen und so eine Fehllage zu korrigieren.
Staphisagria, Stephanskraut
Bei psychischen und körperlichen Beschwerden als Folge von operativen Einschnitten hilft das Stephanskraut. Weiter wird es zur Prophylaxe von Verwachsungen und Verwachsungsbeschwerden sowie bei Verhärtungen im Wundbereich.
Gute Beobachtungsgabe nötig
Um optimal auf die Geburt vorbereitet zu sein, führt Anja Zgraggen im Vorfeld mit ihrer Kundin eine Kurzanamnese durch, um herauszufinden, welche Arznei für die werdende Mutter ideal ist. Dabei gehe es nicht nur darum, sich auf die Geburt vorzubereiten, sondern auch, der Frau mit Mitteln beispielsweise bei vorzeitigen Wehen, Infektionen und vielen weiteren Schwangerschaftsbeschwerden zu helfen. Während der Geburt ist die Hebamme meist auf ihre Erfahrungen und Beobachtungsgabe angewiesen, um der Frau das passende Mittel zu geben. «Oft wollen die Frauen bei der Geburt nicht sprechen. Dann ist es meine Aufgabe als Hebamme, über das Wehenbild, die Gewebebeschaffenheiten oder andere Körpersymptome das passende Mittel herauszufinden. Dabei ist das Beobachten ein besonders wichtiger Teil meiner Arbeit.»
Rasche Wirkung
Am Geburtshaus kommen vor allem Akutmittel mit den Potenzen C30 bis C200 oder je nach Situation auch ein D6-Mittel zum Einsatz. «Im Allgemeinen wirken die homöopathischen Mittel sehr rasch», stellt Anja Zgraggen immer wieder fest.
Im Allgemeinen wirken die homöopathischen Mittel sehr rasch.
Bleibt nach dem ersten Mittel die gewünschte Wirkung aus, greift die Hebamme zu weiteren Präparaten, die ebenfalls in Frage kommen. Manchmal brauche es auch eine Kombination aus zwei verschiedenen alternativen Heilmethoden, um eine Wirkung zu erzielen – etwa mit Calium-Carbonicum und Kalium Phosphor von den Schüssler Salzen bei Blasensprung. «Mit der Zeit hilft einem als Hebamme die Berufserfahrung, um zu wissen, welche homöopathischen Mittel als Kombination am besten geeignet sind.»
Anja Zgraggen ist Bereichsleiterin Geburtshilfe im Geburtshaus „Terra Alta“ in Oberkirch LU. Alternative Heilmittel wie die Homöopathie spielen im Geburtshaus „Terra Alta“ eine wichtige Rolle. Weitere Informationen: www.terra-alta.ch
Bilder: Pixabay, zur Verfügung gestellt
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