Von Katrin Brunner
Gerade noch waren die Tage schier endlos und die Sonne spendete ein willkommenes Licht. Plötzlich kam der Nebel und mit ihm die Dunkelheit. Dazu dieses diffuse Gefühl der Niedergeschlagenheit, welches vielen Leuten im Herbst zu schaffen macht. Das ist die Zeit des Winterblues.
Die Dunkelheit und die zum Teil tagelang anhaltende Hochnebeldecke erfüllen viele Leute mit einer Traurigkeit und Antriebslosigkeit. Dazu kommt auch dieses ungeheure Schlafbedürfnis.
Seit 1987 hat dieser Zustand einen Namen. Herbstdepression oder saisonal abhängige Depression, kurz SAD genannt, befällt mehr Menschen als oft gedacht. Dabei sind Frauen viermal häufiger davon betroffen als Männer. Allgemein wird vermutet, dass sich diese saisonale Depression vom zwanzigsten Lebensjahr an bemerkbar macht. Sie kann aber auch das sonnigste Gemüt bereits früher treffen. Mediziner und Psychiater machen vor allem einen Faktor dafür verantwortlich. Fehlendes Serotonin. Denn in der lichtarmen Zeit schüttet unser Hirn weniger dieses sogenannten Glückshormons aus.
Der amerikanische Psychiater Peter Whybrow vermutet ausserdem den Ursprung der SAD in unserer Entwicklungsgeschichte. «Dieser Zustand ist mehr oder weniger die Vorbereitung unseres Körpers auf einen Winterschlaf. So wird die Produktion von Serotonin gedrosselt, dafür steigt der Pegel von Melatonin. Dieses Hormon regelt unseren Schlafrhythmus, dämpft unseren Antrieb und wirkt einschläfernd».
Musizieren statt Seelentief
Statt sich nun während der Wintermonate hinzulegen, können wir uns auch zu einer medizinisch bedenkenlosen Gegenmassnahme entscheiden. Fangen Sie beispielsweise an, ein Musikinstrument zu spielen. Das Lernen von Musiknoten, zusammen mit dem Handling eines Instrumentes, sorgt für Abwechslung und Beschäftigung. Beim Musizieren werden kognitive sowie motorische Fähigkeiten trainiert. So verbessert sich durch den konstanten Gebrauch beider Hirnhälften die Konzentrationsfähigkeit und das emotionale Empfinden.
«Musik geht im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut. Der Schall wird durch den Hörnerv direkt ins Gehirn geleitet. So auch ins limbische System, in welchem sich unser emotionales Gehirn befindet, und ins vegetative Nervensystem, das u.a. Blutdruck, Atmung und hormonelle Prozesse reguliert», erklärt Wolfgang Bossinger, diplomierter Musiktherapeut aus Ulm.
Der lockere Umgang mit Klängen
Nicht jedermann mit einer Herbstdepression muss sich nun gleich zum Musikunterricht anmelden. Musiktherapie kann eine Möglichkeit sein, einer Herbstverstimmung – überhaupt einer Form von Depression – entgegenzuwirken.
Sie wird in drei unterschiedliche Formen aufgeteilt: Die aktive, rezeptive und die animative Musiktherapie. Dabei wird weniger auf Genauigkeit und auf das Erlernen von Noten geachtet. Vielmehr geht es um das «Erfahren» von Rhythmik, Geräuschen und Melodien durch Hören von Musik und das Improvisieren mit verschiedenen Klangmaterialien, wie Schlagholz, Blasinstrument oder dem Gong.
Wenn die Nächte länger werden, sucht und findet jeder seinen eigenen Weg zum Licht. Sei es mit Musizieren, Singen, regelmässigem Laufen draussen an der frischen Luft, oder auch mit Schlafen in bunter Bettwäsche.
Bilder: Fountainscript, Pixabay
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