Von Tanya Karrer
Die kanadische Gesundheitsbehörde liess kürzlich den ersten pflanzenbasierten Covid-19-Impfstoff zu. Wie wirkt eine pflanzenbasierte Impfung, hat sie mit Phytotherapie zu tun und ist sie so natürlich, wie wir uns dies vorstellen?
Die Meldung über die seit Kurzem in Kanada zugelassene pflanzenbasierte Covid-19-Impfung liess neue Hoffnungen keimen. Hat die Forschung im Kampf gegen die Corona-Pandemie offiziell die natürliche Kraft von Pflanzen erkannt? Tatsächlich spielen Gewächse im Herstellungsverfahren von pflanzenbasierten Impfungen eine wichtige Rolle.
Tabakpflanzen produzieren das SARS-CoV-2-Antigen.
Aber anders als in der Phytotherapie oder -pharmazie sind es sind nicht Pflanzenbestandteile und ihre Wirkstoffe, die zur Immunisierung gegen SARS CoV-2 genutzt werden, sondern es ist vielmehr das rasche Zellwachstum der Gewächse. Tabakpflanzen produzieren als Bioreaktoren sozusagen das SARS-CoV-2-Antigen.
Virus-ähnliche Partikel aus Tabakpflanzen
Für die Herstellung einer pflanzenbasierten Impfung muss zuerst, wie bei anderen Vakzinen auch, der DNS-Code des Virus entschlüsselt und herausgelöst werden. Anschliessend wird der Code in ein Trägerbakterium eingeschleust. Nun kommen die Tabakpflanzen ins Spiel. Sie werden in einem mit diesen Bakterien angereicherten Bad gewässert, und ihre Zellen saugen das code-haltige Bakterienwasser auf. Zurück im Gewächshaus produzieren die Pflanzen in wenigen Tagen aus den virushaltigen Bakterien sogenannte virus-ähnliche Partikel.
Virus-ähnliche Partikel gleichen in ihrer Form dem Ursprungs-Virus, tragen aber dessen verheerende DNS nicht mehr in sich.
Diese Proteine gleichen in ihrer Form dem Ursprungs-Virus, tragen aber dessen verheerende DNS nicht mehr in sich. Die Partikel werden in einem nächsten Schritt aus den Pflanzen extrahiert und mit einem Hilfsstoff (Adjuvans) zu einem rekombinanten Impfstoff verarbeitet. Der menschliche Körper erkennt die virus-ähnlichen Partikel als fremde Antigene und startet den Immunprozess mit der Produktion von Antikörpern. Diese wirken schliesslich auch gegen das tatsächliche Virus.
Antigenbildung ausserhalb des Körpers
Pflanzen leisten hier die Umwandlung des Virus in virus-ähnliche Partikel. Andere Herstellungsverfahren stützen sich dafür anstatt auf Pflanzen auf Hefen oder andere rasch wachsende Organismen. Ihnen ist gemeinsam, dass die Umformung des Virus-Codes in Antigene ausserhalb des menschlichen Körpers stattfindet. Dies im Unterschied zu mRNA-Impfungen, wo dieser Prozess direkt im Körper abläuft. Zu den Vor- und Nachteilen der pflanzenbasierten Covid19-Impfung Covifenz gegenüber anderen Impfstoffen könne keine Aussage gemacht werden, sagt Takashi Nagao, CEO der Herstellerfirma Medicago auf Nachfrage. Vergleichsstudien würden fehlen. Er hoffe jedoch, mit den pflanzenbasierten Impfungen einen Beitrag zur Bekämpfung der Covid-Pandemie leisten zu können. „Um die Weltbevölkerung zu schützen, ist eine Vielzahl von Impfstoffoptionen erforderlich“, fügt er an. Mit der wirksamen pflanzenbasierten Impfung gelang auf jeden Fall ein Durchbruch.
Zulassung in der Schweiz noch offen
Klinische Studien zu Covifenz zeigen, dass das Pflanzen-Vakzin Erwachsene zu 71 Prozent vor schweren Covid-19-Krankheitsverläufen schützt. Zwei Impfdosen werden im Abstand von drei Wochen verabreicht. Wie andere Covid-Impfungen können auch sie vorübergehende Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle verursachen. In Kanada erfolgte die Covifenz-Zulassung am 24. Februar 2022. Auch in den USA und Japan laufen Anerkennungs-Verfahren. „Wir befinden uns in Gesprächen mit mehreren anderen Ländern“, lässt CEO Nagao verlautbaren. Welche das sind, und ob sich die Schweiz auch darunter befinde, dürfe er aus Vertraulichkeitsgründen nicht sagen.
In Pflanzen dürfte noch grosses Potential für die Gesundheit brachliegen.
Ob eine pflanzenbasierte Impfung wirklich natürlicher ist als herkömmliche Impfverfahren, ist schwierig zu beurteilen. Das Beispiel zeigt aber, dass Pflanzen zur Herstellung von Medikamenten und Impfungen einen zentralen Beitrag leisten können. Es ist zu hoffen, dass dieser Forschungserfolg dazu anregt, Pflanzen auch für die Phytotherapie und -pharmazie eingehend wissenschaftlich zu erkunden. In den Gewächsen dürfte nämlich noch grosses, bisher unbekanntes Potential für die Gesundheit brachliegen.
Infografiken: Tanya Karrer
Titelbild: Montage von Tanya Karrer aus Pixabay.com und Pxfuel.com
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