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«Wir brauchen mehr Sensibilisierung für die Naturheilkunde»

von Redaktion Millefolia
Claudia Cairone

Von Peter Wäch

Naturheilpraktiker geraten zusehends unter Druck. Die Herstellung von Komplementär- und Phytoarzneimitteln (KPA) wird angeglichen an Produkte, die im Labor auf rein chemischer Basis entstehen. Für ein Naturprodukt gelten aber andere Regeln. Claudia Cairone erklärt im Interview, warum es mehr Sensibilisierung für ihren Berufsstand braucht.

Die Rahmenbedingungen für die Herstellung von KPA sind riesig. Die Auflagen von Swissmedic werden zusehends strenger, weil die Inspektionen internationale Standards für die Herstellung von chemischen Präparaten fordern. Wie konkret ist die Naturheilpraktik betroffen?
Claudia Cairone:
Wenn die Anforderungen an die Herstellung und Zulassung eines KPA immer strenger werden und die Preissenkungen vom BAG so weiterlaufen, hat das fatale Folgen.

Die Produktepalette wird kleiner und damit die Flexibilität, Patienten möglichst individuell zu behandeln.

Vor allem Arzneimittel, die zur individuellen Therapie eingesetzt werden, werden es schwerer haben, sich auf dem Markt zu halten. Die Produktepalette wird kleiner und damit die Flexibilität, Patienten möglichst individuell zu behandeln.

Die Sicherstellung der Vielfalt der KPA ist eine Kernforderung, die in direktem Zusammenhang mit dem Bundesverfassungsartikel 118a der Komplementärmedizin steht. Was braucht es vom Gesetzgeber, damit eine optimale Komplementär- Phyto- und TCM-Therapie weiterhin gewährleistest ist?
Eine enge Zusammenarbeit ist das A und O. Seitens Gesetzgeber braucht es das Verständnis, dass Arzneimittel aus dem komplementärmedizinischen Bereich anderen Bedingungen unterworfen sind und nicht mit chemischen, im Labor hergestellten Arzneimitteln, zu vergleichen sind. Wir brauchen eine Sensibilisierung für die wahre Bedeutung von Naturheilkunde.

Können Sie das bitte konkretisieren?
Es bedeutet, dass Krankheit A nicht nur Arzneimittel B bedingt, sondern dass Krankheit A je nach Patient, viele verschiedene Therapiemöglichkeiten haben kann. Man nennt das Individualtherapie. Es braucht weiterhin Schulungen, auch um den Behörden belegen zu können, dass Wissen vermittelt wird.

Es erscheint mir zudem wichtig, dass die Therapeuten mit den Arzneimittelherstellern in engem Austausch sind.

Es erscheint mir zudem wichtig, dass die Therapeuten mit den Arzneimittelherstellern in engem Austausch sind. Es geht darum, dass man auf beiden Seiten die Bedürfnisse, beziehungsweise die Hürden evaluiert, um ein flächendeckendes Gesamtbild zu erhalten. Das ist evident für die Gespräche mit den zuständigen Behörden.

Die Entwicklung, Herstellung und Zulassung eines Naturheilmittels ist anspruchsvoll.

Schon heute können gewisse Präparate nicht mehr verwendet werden, die Anzahl der zugelassenen Phytoarzneimittel ist um 30 Prozent gesunken.
Ich kenne die genauen Zahlen nicht. Aufgrund der Komplexität, der steigenden Anforderungen sowie der Kosten bei der Herstellung von Arzneien und deren Zulassung, kann ich mir gut vorstellen, dass noch weitere Arzneimittel der Komplementärmedizin über die Klinge springen müssen.

Wie kann man die Leute besser informieren über komplementäre Therapien?
Es müsste noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Ich erlebe es ständig, dass sich viele kein Bild davon machen können, wie anspruchsvoll die Entwicklung, Herstellung und Zulassung eines Naturheilmittels ist.

Ich erlebe es ständig, dass sich viele kein Bild davon machen können, wie anspruchsvoll die Entwicklung, Herstellung und Zulassung eines Naturheilmittels ist.

Ein Produkt, das nicht komplett im Labor hergestellt wird, ist nun mal von vielen Faktoren abhängig. Das gilt insbesondere für die Herstellung, wo besonders viel Wert auf die Qualität gelegt wird.

Wie sieht eine solche Herstellung aus?
Das fängt bei der Rohstoffbeschaffung an. Die Fragen lauten: Aus welchem Land und in welcher Qualität bekomme ich beispielsweise die Heilpflanze Arnika? Gibt es Faktoren, die das Wachstum dieser Pflanze beeinflussen? Was passiert, wenn eine Ernte ausfällt? Oder was geschieht genau beim Vorgang des Trocknens einer Pflanze?

Wo fängt man an?
Das Bewusstsein für die Komplexität muss bei den Therapeuten geweckt werden. Die angehenden Naturheilpraktiker und Naturheilpraktikerinnen, kurz NHPs, sollten bereits bei der Ausbildung sensibilisiert werden. Wenn ich heute einem Patienten ein relativ teures Arzneimittel verschreibe, dann kann ich ihm die Gründe dafür gut erklären. Wenn aber Therapeutinnen und Therapeuten immer auf der Suche nach dem günstigsten Produkt sein müssen, können wir den Aspekt der Qualität kaum vermitteln.

Claudia Cairone

Claudia Cairone

Zur Person: Claudia Cairone ist Co-Präsidentin des Schweizer Verbands anerkannter Naturheilpraktiker SVANAH. Sie besitzt das eidgenössische Diplom in TCM und ist Naturheilpraktikerin. Claudia Cairone führt ihre eigene Praxis in Dornach.

 

 

 

Bilder: Privat zvg, pixabay


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