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Wie Phytotherapie die Gynäkologie bereichert

von Olaf Müller

Von Tanya Karrer

Herbadonna, das Netzwerk für Phyto­therapie in der Gynä­kologie, sammelt seit 20 Jahren Erfahrungs­wissen zugun­sten der Frauen­gesund­heit. Warum es mit ein wenig Mönchs­pfeffer noch nicht getan ist, erzählen die Gründer­innen Beatrix Falch und Regina Widmer.

Natür­liche Hilfe bei Monats­schmerzen gesucht

«Immer wieder schreiben mich Frauen an, weil sie wissen möchten, welche pflanz­lichen Wirk­stoffe beispiels­weise ihre Bauch­krämpfe während der Menstru­ation oder die Wechsel­jahr­beschwerden lindern können», sagt Dr. sc. nat. Beatrix Falch gleich zu Beginn. Die Phyto­pharma­zeutin und Apothe­kerin weiss fast immer Rat. Nur wenige kennen sich mit pflanzlichen Wirk­stoffen so gut aus wie sie. Dr. med. Regina Widmer, Gynä­kologin aus Solo­thurn, ist eben­falls Expertin. Vor etwas mehr als 20 Jahren hatten die beiden an der schweize­rischen Jahres­tagung für Phyto­therapie fest­gestellt, wie gross das Interesse an Pflanzen­heilkunde und Gynä­kologie war, wie klein aber das Wissen dazu.

Phyto-Gynäkologie-Netzwerk geboren

2003 gründeten sie deshalb mit weiteren Mit­strei­terinnen Herbadonna. Dieses Phyto-Gynä­kologie-Netzwerk verfolgt seither das Ziel, Wissen über pflanz­liche Behand­lungs­möglich­keiten von frauen­heil­kund­lichen und geburts­hilf­lichen Gesund­heits­prob­lemen zu sammeln, weiter­zugeben und anzu­wenden. Nun feiert Herba­donna das zwanzig­jährige Bestehen. Aus den einst etwa 50 Inte­res­sierten ist ein Netz­werk von rund 500 Fach­personen entstanden. Ärzt­innen und Ärzte, Apothe­ker­innen, Heil­praktiker, Natur­ärzt­innen und Hebammen teilen darin ihre phyto­thera­peutischen Erfah­rungen in der Frauen­heil­kunde.

Das Phyto-Gynäkologie-Netzwerk verfolgt das Ziel, Wissen über pflanz­liche Behand­lungs­möglich­keiten von frauen­heil­kund­lichen und geburts­hilf­lichen Gesund­heits­prob­lemen zu sammeln, weiter­zugeben und anzuwenden.

«Bis zu 90 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter leiden vor oder während der Periode minde­stens zeit­weise an Bauch­krämpfen. Mensschmerzen werden noch immer als etwas ange­sehen, das zum Frau­sein dazu­gehört», ärgert sich Regina Widmer. Dabei müsse aus medizi­nischer Sicht im 21. Jahr­hun­dert keine Frau an Dys­menor­rhoe, wie es in der Fach­sprache heisst, leiden. In ihrer Frauen­praxis verschreibt die Ärztin zu etwa zwei Dritteln pflanz­liche Mittel, nicht nur bei Men­struations­schmerzen, sondern auch bei anderen frauen­heil­kund­lichen Beschwerden.

Herbadonna

Herbadonna ist eine unabhängige Arbeitsgruppe der Schweizerischen Medizinischen Gesellschaft für Phytotherapie (SMGP), die unter anderem Workshops für Fachpersonal veranstaltet, wo Erfahrungswissen der phytotherapeutischen Frauenheilkunde ausgetauscht wird. Das 2003 gegründete Netzwerk führt auch eine Liste mit Ärztinnen, Apothekerinnen und anderen Therapeuten im deutschsprachigen Raum, die pflanzenheilkundlich in der Frauengesundheit tätig sind.

www.herbadonna.ch

Neuer Abschnitt in der Frauen­heil­kunde

Was im Herba­donna-Netzwerk schon lange bekannt ist, bestätigt nun auch vermehrt die Wissen­schaft. Es brächen neue Zeiten an, freut sich Regina Widmer: «Das Problem der Antibiotika-Resistenzen hat den Fokus auf die Phytotherapie als Alter­native geschärft, auch bei den tonan­gebenden Uni­versi­täts­spitä­lern.» Diese unter­suchen inzwischen immer öfter phyto­thera­peutische Anwen­dungen. Präparate aus Trauben­silber­kerze bei Wechsel­jahr­beschwerden oder Johannis­kraut bei Stimmungs­schwan­kungen sind inzwischen gut bekannt.

Das Problem der Anti­biotika-Resi­stenzen hat den Fokus auf die Phyto­therapie als Alter­native geschärft.

Phyto­thera­peuti­schen Wissens­schatz zugäng­lich machen

Für Regina Widmer und Beatrix Falch ist das Potenzial damit jedoch noch lange nicht ausge­schöpft. An den Herba­donna-Work­shops haben sie in den vergan­genen 20 Jahren Erfah­rungs­wissen zu einer Viel­zahl von Heilpflanzen gesammelt und in Protokollen festgehalten. Der immense Wissens­schatz soll jetzt zugäng­lich werden. «Wir planen, auf Basis dieser Proto­kolle Therapie­leit­fäden heraus­zugeben», sagt Beatrix Falch. Diese sollen Ärzt­innen und Ärzten bei der Verschrei­bung von Phyto­thera­peutika helfen. Denn Frauen fragen vermehrt nach pflanz­lichen Arznei­mitteln.

Frauen fragen vermehrt nach pflanz­lichen Arznei­mitteln.

Laut Regina Widmer sind viele Gynäko­loginnen und Gynäko­logen unsicher bei der Wahl der Pflanzen und der Dosie­rung. Wissens­lücken dieser Art würde auch eine aner­kannte Phyto­thera­pie-Weiter­bildung inner­halb der Gynä­kologie schliessen helfen. Das Netz­werk Herba­donna könnte sich gleich­zeitig als Kompetenz­zentrum der Phyto­therapie in der Gynä­ko­logie etablieren, sagen Regina Widmer und Beatrix Falch. Die beiden Pionier­innen haben mit Herba­donna also noch einiges vor.

Das Spek­trum für die Phyto­therapie in der Gynä­kologie ist breit

Dr. med. Regina Widmer im Kurz-Inter­view

Regina Widmer, seit rund 30 Jahren wenden Sie in Ihrer Frauen­praxis Phyto­therapie an. Bei was helfen Pflanzen­präparate?
Regina Widmer: Das Spektrum ist breit. Was unterdessen in vielen gynäko­logi­schen Praxen und Uni-Spitä­lern ange­kommen ist, ist die Trauben­silber­kerze bei Wechsel­jahr­beschwerden, der Mönchs­pfeffer bei prämen­struellem Syndrom und das Johanniskraut bei Stim­mungs­schwan­kungen.

Sie sagen aber, nur über diese drei Pflanzen zu reden, langweile sie etwas. Weshalb?
Weil es noch so viele mehr gibt. Wechsel­jahr­beschwerden zeigen sich in verschie­denen Symp­tomen. Je nach diesen ver­schreibe ich zum Bei­spiel drei Heil­pflanzen zusammen. Bei Wal­lungen und Schlaf­störungen ist die Trauben­silberkerze gut. Hat die Frau dazu Herzklopfen oder Angst­störungen, können Weiss­dorn oder Lavendel helfen. Der Weiss­dorn ist so gut erforscht, aber in der Gynäko­logie denkt kaum jemand an ihn.

Was hilft bei Menstruationsschmerzen?
Was viele nicht wissen: Der Mönchs­pfeffer, der oft bei Ein­setzen des PMS genommen wird, sollte bei Beschwerden bis in die Periode hinein weiter genommen werden, bei Bedarf hoch dosiert. Dann lindert er auch Bauch­krämpfe. Das Frauen­mänteli gehört als schützende Pflanze stets dazu. Kamille, Gänse­finger­kraut und Schaf­garbe ent­spannen die glatte Musku­latur der Gebär­mutter. Dazu helfen Ruhe und Wärme, zum Bei­spiel in Form eines Kräu­ter­pflasters.

Wo sonst in der Gynäko­logie und Geburts­hilfe wirkt Phyto­therapie?
Bei Reiz­blase und der Reiz­harn­röhre, dem Urethral­syndrom, hilft Bryo­phyllum, das aus der anthropo­sophisch erwei­terten Medizin stammt. Es wirkt auch bei vorzei­tiger Wehen­tätigkeit. Bären­trauben­blätter schmecken gräss­lich als Tee, sie sind aber wirksam bei Harnwegs­infekten. Die ganze Intim­pflege ist ein stark vernach­lässigter Bereich. Phyto­östro­gene, Cremes und Öle, beispiels­weise aus dem Granat­apfel, halten die Vagina geschmeidig.

Dr. med. Regina Widmer
Dr. sc. nat. Beatrix Falch

Bilder: Evie S, Unsplash.com / Salesamazonjpa, Pixabay.com / Kathrin Schulthess, Basel / zVg

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2 Kommentare

Gabriele Dällenbach 18. August 2023 - 19:09

Lustig dass die Drogerien völlig vergessen wurden. Drogistinnen und Drogisten EFZ und HF beraten zu Phytotherapie, in welcher sie schon immer ausgebildet wurden, zu allen Themen des Menschseins seit es sie gibt und nicht erst seit 2001:)

Antworten
Olaf Müller 22. August 2023 - 14:36

Guten Tag Frau Dällenbach.
Vielen Dank für Ihren Hinweis! Das Phytotherapie-Netzwerk Herbadonna steht tatsächlich allen Fachpersonen offen, sicherlich sind an den Workshops jeweils auch Drogistinnen und Drogisten vertreten. Dass wir sie im Beitrag nicht namentlich erwähnen, ist nicht willentlich geschehen, es handelt sich vielmehr um eine nicht abschliessende, unvollständige Aufzählung. Die Drogerien sind wichtige Anlaufstellen für phytotherapeutische und weitere komplementärmedizinische Arzneimittel, mit einer top Fachberatung, das sind wir uns voll und ganz bewusst – an anderen Stellen auf millefolia.ch bringen wir das auch explizit zum Ausdruck.
Wir danken Ihnen für die wertvolle Rückmeldung und wünschen Ihnen weiterhin gute Lektüre und schöne Sommertage!

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