von Fabrice Müller
Etwa jede vierte erwachsene Person ist von Schlafstörungen betroffen. Das 17. ASCA-Forum in Lausanne stellte den Schlaf und die Schlafstörungen ins Zentrum des Vortragsprogramms.
Der Schlaf des Menschen hat sich in den letzten Jahrhunderten immer wieder verändert. «Im Mittelalter etwa folgten die Menschen dem Lichtzyklus. Oft schliefen sie nicht in einem Stück. Mit der zunehmenden Nutzung von Gas und Strom veränderte sich auch unser Schlafrhythmus», berichtete der Gesundheitspraktiker Gerhard Luder in seinem Referat «Naturheilkundlicher Ansatz bei Schlafstörungen». Schlaf war früher wie heute mit Angst und Sterben verbunden. «Schlaf erinnert uns ein wenig an den Tod», verglich die Sophrologin Dr. Phil. Christiane Oppikofer. Beim Einschlafen konzentriere man sich auf sich selbst. Dabei werde die Verbindung zum bewussten Leben getrennt. «Wir müssen uns mit Vertrauen in den Schlaf begeben; dabei fallen wir sozusagen ins Nichts. Wenn wir dieses Vertrauen nicht haben, kann es zu archaischen Angstzuständen kommen.»
Sophrologie für Körper und Geist
Mithilfe der Sophrologie werde – so Christiane Oppikofer – die Beziehung zum Schlaf harmonisiert, sodass jemand, der unter Schlafstörungen leidet, bewusster loslassen und den eigenen Schlaf verbessern könne. «Harmonie von Körper und Geist in Verbindung mit Kontemplation ist eine wichtige Fähigkeit und Voraussetzung, den Schlaf zu verbessern», betonte Christiane Oppikofer. Ausserdem gehe es darum, den persönlichen Schlaf-Wach-Rhythmus weiterzuentwickeln und dadurch den Schlaf, aber ebenso die Träume besser zu schützen. «Wir müssen unserem Körper vertrauen und zugleich lernen, im Leben auch passiv, kontemplativ zu sein.»
Info-Box
- Natürliches Sonnenlicht oder helles Licht während des Tages sorgt für einen gesunden Tagesrhythmus. Dadurch werden die Tagesenergie wie auch die nächtliche Schlafqualität verbessert.
- Lichtquellen im Schlafzimmer sorgen für eine Reduktion des Schlafhormons Melatonin. Deshalb unbedingt auf Blaulicht von Bildschirmen vor dem Schlafen verzichten.
- Der tageszeitliche Rhythmus des Körpers richtet sich nach Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Wer jeden Tag zur gleichen Zeit aufsteht und ins Bett geht, trägt langfristig zu einem besseren Schlaf bei.
- Magnesium ist verantwortlich für über 600 Reaktionen im Körper und besonders wichtig für besseren Schlaf. Studien zeigen, dass Magnesium die Entspannung und die Schlafqualität verbessern kann.
Kognitive Verhaltenstherapie
Die Auswirkungen von Schlaflosigkeit sind vielfältig und reichen von Angstzuständen, einer schlechten mentalen Gesundheit bis zu Herz-Kreislaufstörungen, Stoffwechselproblemen, höheren Unfallrisiken und Suizid, wie Françoise Cornette, Psychologin und Somnologin, spezialisiert auf die nicht-pharmakologische Behandlung von Schlafstörungen, in ihrem Referat aufzählte. Für eine Schlafstörung gebe es selten nur einen Grund, betonte die Referentin, meist spielten verschiedene Faktoren wie Alter, Geschlecht, Genetik, Medikamente, Lebensgewohnheiten oder die Ernährung eine Rolle.
Mit Hilfe der Sophrologie wird die Beziehung zum Schlaf harmonisiert, sodass jemand, der unter Schlafstörungen leidet, bewusster loslassen und den eigenen Schlaf verbessern kann.
Françoise Cornette setzt deshalb auf eine kognitive Verhaltenstherapie, die «dem Problem auf den Grund geht». Zur Anwendung kommen dabei Psychotherapie, Umgang mit Stress, die Förderung einer gesunden Lebensweise, Ernährung, Bewegung usw. «Ziel ist es, behindernde Glaubenssätze und negative Gedanken abzubauen und durch positive zu ersetzen. Wir wollen, dass unsere Patientinnen und Patienten sich nicht nur als Opfer sehen, sondern selbst Verantwortung übernehmen», erläuterte Françoise Cornette.
Holistischer Ansatz
In der Naturheilkunde betrachte man das Phänomen der Schlaflosigkeit stets aus der körperlichen, seelischen und geistigen Perspektive, zeigte Gerhard Luder in seinem Vortrag auf. In diesem holistischen Modell spiele gerade bei Schlafproblemen unter anderem der Darm eine zentrale Rolle. «Jede Krankheit entsteht im Darm», sagte Gerhard Luder. Vom Mund bis zum Anus könnten verschiedene Probleme entstehen, die dazu führen, dass der Mensch zu wenig oder gar kein Melatonin mehr produziere. Die Darmflora werde durch verschiedenste Einflüsse wie Antibiotika, falsche Ernährung, Chemotherapie, eine ungesunde Lebensweise, Stress usw. ins Ungleichgewicht gebracht. «Über eine ausgewogene Ernährung stärken wir die Darmflora, mit pflanzlichen Heilmitteln wirken wir auf die Gedankenwelt, die seelische Ebene des Menschen ein», erklärte der Referent und nannte Beispiele wie die Heilpflanze Tilia Tomentosa (Silberlinde), die gegen Stress und Nervosität wirkt, oder das homöopathische Mittel Sulfur, das unter anderem bei Menschen mit vielen Schlafunterbrüchen angewandt wird. Insgesamt können mit Sulfur, so Gerhard Luder, über 7000 Symptome behandelt werden.
Umgang mit Albträumen
Viele Menschen leiden neben Schlafstörungen unter Albträumen. Laut Dr. Geoffroy Solelhac, Chefarzt und Spezialist für Schlafmedizin am Zentrum für Schlafforschung im Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) in Lausanne, bedeuten regelmässige Albträume eine Beeinträchtigung des sogenannten Angstlöschsystems. Dadurch entwickle sich eine Albtraumkrankheit mit Schlaflosigkeit bis hin zur Hyperwachsamkeit. «Angst ist in Albträumen die häufigste Emotion.
In der Naturheilkunde betrachtet man das Phänomen der Schlaflosigkeit stets aus der körperlichen, seelischen und geistigen Perspektive.
Bei traumatischen Albträumen sind die Trauminhalte stets wiederkehrend. Sie wirken sich negativ auf die Gesundheit aus.» Auslöser für solche Albträume können unter anderem Beta-Blocker, Antiinfektionsmittel oder Alkoholentzug sein. Der Spezialist für Schlafmedizin setzt auf die mentale Behandlung, in der gezielt an den Albträumen gearbeitet wird. Ziel sei es, die negativen Gefühle und Bilder in positive umzuwandeln. Dabei setzt Geoffroy Solelhac auch auf medizinische Hypnose.
Lärm, Licht und Strahlung
Neben gesundheitlichen und psychischen Gründen können oft auch Umwelteinflüsse wie Lärm oder Elektrosmog zu Schlafstörungen führen. Dr. Nathalie Calame, Ärztin, Naturheilpraktikerin und Homöopathin im Centre Prévention et Santé in Colombier, verwies auf den grossen Störfaktor von Verkehrslärm auf die Schlafqualität. Mehr als 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung sind betroffen, wie die aktuelle SiRENE-Studie gezeigt habe. Lärm führe zu Stress und einer erhöhten Cortisol-Ausschüttung. «Dadurch steigt das Risiko für Krankheiten wie Herzinfarkt, Diabetes, aber auch Demenz, wie eine Studie aus Dänemark gezeigt hat», informierte Nathalie Calame. Als weitere Störfaktoren für den Schlaf nannte sie das Licht, insbesondere das blaue Licht von Computern und Handys. Dieses verhindere die Ausschüttung von Melatonin. Ausserdem warnte die Referentin vor den Folgen von elektromagnetischen Strahlen, die neben Schlaflosigkeit andere Beschwerden wie Allergien, Kopfschmerzen, Nervenprobleme bis zu Krebs auslösen könnten.
Bilder vom Autor Fabrice Müller
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