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Schweizer Kinderärzte wollen Komplementärmedizin

von Redaktion Millefolia
Fröhliches Kleinkind in Jeans-Latzhose krabbelt im Gras

Von Tanya Karrer

Eine Schweizer Studie zeigt, dass Pädiater ihren Patienten ganzheitliche Therapien anbieten möchten. Oft mangelt es ihnen noch am Wissen dazu. Studienautor Dr. med. Benedikt Huber sieht deshalb grosse Chancen für die Zukunft der integrativen Medizin in der Kinderheilkunde.

Dass fast alle Kinderärzte und -ärztinnen in der Schweiz von ihren Patienten bzw. deren Eltern nach komplementärmedizinischen Angeboten gefragt werden, war für Dr. Benedikt Huber keine Überraschung. Der Kinderarzt ist Autor einer kürzlich publizierten Studie zu komplementärmedizinischen Angeboten in der Pädiatrie in der Schweiz.
97 Prozent der befragten Kinderärzte gaben darin an, schon nach komplementären Behandlungsmöglichkeiten gefragt worden zu sein.

97 Prozent der Schweizer Kinderärzte werden nach Komplementärmedizin gefragt.

„Die hohe Nachfrage wiederspiegelt die Erkenntnisse anderer europäischer Untersuchungen“, ergänzt Huber die Ergebnisse. Und sie bestätigen sich auch in Hubers Alltag. Ausgebildet sowohl in konventioneller als auch anthroposophischer Medizin, kann er seine jungen Patienten am Spital in Freiburg ganzheitlich behandeln. Doch wie steht es um seine Kolleginnen und Kollegen? Können Sie die hohe Nachfrage ebenfalls befriedigen?

Umfrage bei fast zweitausend Kinderärzten

Die Frage veranlasste Huber und sein Team zur Studie. Über die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie – ihr gehört ein Grossteil der Schweizer Kinderärztinnen und -ärzte als Mitglieder an – verteilten Sie einen Online Fragebogen. Von den angeschriebenen fast zweitausend Pädiater und Pädiaterinnen antworteten ein Drittel. Die Studie ist repräsentativ.

Schweizerinnen und Schweizer möchten im Krankheitsfall ganzheitlich behandelt werden.

Zwar haben bisher nur knapp 25 Prozent der befragten Mediziner und Medizinerinnen Fortbildungen in komplementärmedizinischen Heilmethoden wie z.B. der Phytotherapie, der Homöopathie, der Akupunktur, der Traditionellen Chinesischen Medizin oder der anthroposophischen Medizin besucht, doch äusserten zwei Drittel (65%) von ihnen Interesse an Kursen und Ausbildung darin. Ein hoher Wert, der eigentlich nicht überraschen dürfte, denn seit 2009 ist die Komplementärmedizin in der Schweizer Verfassung verankert. Schweizerinnen und Schweizer möchten im Krankheitsfall ganzheitlich behandelt werden.

Grenzen der konventionellen Medizin

Dr. Benedikt Huber

Die naturwissenschaftliche Medizin, wie Kinderarzt Huber die Schulmedizin nennt, könne jedoch nur ein Teilspektrum der gesamten Medizin abdecken. Um dem Menschen integral in seiner Krankheitssituation gerecht zu werden, müssten sich verschiedene Disziplinen und Methoden vereinen. Für Huber ist denn auch klar: „Die Grenzen zwischen der naturwissenschaftlich orientierten Schulmedizin und der Komplementärmedizin sind künstlich.“ In seinem Alltag spielen sie kaum eine Rolle, die zu behandelnden Kinder und Jugendlichen stehen im Zentrum. Allerdings mag das Bewusstsein um die Grenzen der Schulmedizin im Praxisalltag das hohe Interesse an komplementären Methoden bei den befragten Kinderärzten gefördert haben.

Die Grenzen zwischen der naturwissenschaftlich orientierten Schulmedizin und der Komplementärmedizin sind künstlich.

Einen Teil des Wissensdursts wird der Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie 2020 in Freiburg stillen. Er widmet sich dem Thema „Integrative Pädiatrie: konventionelle und komplementäre Medizin“. Der gegenseitige Austausch und die Vermittlung von praktisch umsetzbarem Wissen stehen im Fokus und sollen zur Forschung auf dem Gebiet der komplementären und integrativen Medizin anregen. Denn wie Huber betont: „Es gibt noch extrem wenige solide Daten“.

Sichere, ganzheitliche Therapien führen zum Ziel

Egal ob konventionelle oder komplementäre Medizin, die Sicherheit der Patienten muss bei jeder Therapie gegeben sein. Diese zu bestätigen ist Aufgabe der Wissenschaft. Huber kann dafür mit der Unterstützung zahlreicher Kinderärzte rechnen. In der Umfrage gaben 42 Prozent an, sich an komplementärmedizinischer Forschung beteiligen zu wollen. Es bleibt zu hoffen, dass dafür bald auch Mittel fliessen. Benedikt Huber, der im Kantonsspital Freiburg das Zentrum für integrative Pädiatrie leitet, hat nämlich eine Vision: In zehn, vielleicht zwanzig Jahren sollen integrative Einrichtungen wie diejenige in Freiburg an Schweizer Kinderkliniken gang und gäbe sein.

 

Die Studie:
Huber, Benedikt Maria, Tido von Schoen-Angerer, Oswald Hasselmann, Johannes Wildhaber, und Ursula Wolf. „Swiss Paediatrician Survey on Complementary Medicine“. Swiss Medical Weekly 149 (3. Juni 2019): w20091. https://doi.org/10.4414/smw.2019.20091.

 

Bilder: Benedikt Huber, Kantonsspital Freiburg, Pixabay, Montage: Tanya Karrer.

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