Von Manuela Fey
Sie ist einfach anzuwenden, schnell wirksam und leicht umzusetzen im Alltag: Die Kneipp-Gesundheitslehre gilt als das einzige umfassende europäische Naturheilverfahren.
Die Kneipp-Anwendungen bilden ein ausgewogenes Therapiekonzept für Körper, Seele als auch Geist. Sie unterstützen und ergänzen sich in ihrer Wirkung gegenseitig. „Kneippen hält in allen vier Jahreszeiten gesund und fit“, erklärt Erich Senn, Präsident des Schweizer Kneippverbands.
Kneippen hält in allen vier Jahreszeiten gesund und fit.
Sebastian Kneipp (1821-1897) entdeckte todkrank um 1850 die Heilkraft des Wassers. Daraufhin belebte er uraltes Wissen und baute die Wasserkuren systematisch aus. Seine Behandlungserfolge machten den bayrischen Pfarrer in aller Welt bekannt. „Er war ein exzellenter Antlitzdiagnostiker“, weiss Erich Senn. Im Gesicht konnte Sebastian Kneipp das Wohlbefinden des Menschen lesen.
„Vorbeugen ist besser als heilen“
Heute ist ein Teil der Kneipp-Gesundheitslehre wissenschaftlich anerkannt. Durch seine permanente Weiterentwicklung gilt das Naturheilverfahren als zeitgemäss. Es ruht auf den fünf Säulen Lebensordnung, Ernährung, Bewegung, Wasseranwendungen (Hydrotherapie) und Heilkräuter (Phytotherapie). Der Experte: „Natürliche Lebensreize wie Wasser, Wärme, Kälte, Licht, Luft und Sonne sollen die körpereigenen Abwehrkräfte stärken als auch die Lebensfreude und Lebensqualität steigern.“
Natürliche Lebensreize wie Wasser, Wärme, Kälte, Licht, Luft und Sonne sollen die körpereigenen Abwehrkräfte stärken als auch die Lebensfreude und Lebensqualität steigern.
Wesentlich in der Kneipp-Gesundheitslehre ist die Lebensordnung. Sie enthält ökologische, soziale und geistige Aspekte. Zudem umfasst sie positives Denken und Handeln wie auch Leben im Einklang mit den Naturgesetzen. Der Mensch gleicht aus zwischen aktiver Leistung und Ruhezeiten wie etwa Spiritualität, Autogenes Training oder Verweilen in der Natur.
Natürlich gesund und fit
Als weitere Säule sieht das Kneippen eine ausgewogene, vitalstoffreiche Vollwertkost vor aus möglichst frischen, saisonalen, regionalen und biologisch angebauten Lebensmitteln. Auch rät die Lehre, genügend Wasser, ungesüssten Kräuter- oder Früchtetee, verdünnte, ungezuckerte Frucht-, Beeren- oder Gemüsesäfte zu trinken.
Bewegung entspannt, stärkt Herz und Kreislauf. Erich Senn empfiehlt: „Bewegen Sie sich regelmässig, dem persönlichen Leistungsvermögen angepasst und wenn möglich an der frischen Luft.“ Gesund und fit halten das ganze Jahr über zum Beispiel Gehen, Wandern und Nordic Walking. Im Sommer eignen sich Schwimmen und Stehpaddeln, im Winter Schneeschuhlaufen und Langlauf. Angenehm Radfahren lässt es sich im Frühling, Sommer und Herbst.
Pfarrer Kneipp, der „Wasserdoktor“
Herzstück der Kneipplehre ist die Säule der Wassertherapie mit ihren über hundert Anwendungen, zu denen Waschungen, Wickel, Auflagen, Kompressen, Bäder, Dämpfe, Güsse und Abhärtungsübungen wie Wassertreten, Barfuss- und Taulaufen, Schneegehen, Trockenbürsten, Sauna, Luft- und Sonnenbad gehören. Diese stärken die Körpersysteme und wirken harmonisierend etwa auf Atmung und Verdauung.
Nicht viele Anwendungen heilen, sondern die rechten Anwendungen und in der rechten Weise gemacht.
Sebastian Kneipp verfeinerte die Wasserbehandlungen, um sie individuell und richtig dosiert einzusetzen. Er erkannte: „Nicht viele Anwendungen heilen, sondern die rechten Anwendungen und in der rechten Weise gemacht.“ Erich Senn übersetzt: „Wichtig ist, die Anwendungen regelmässig und abwechslungsreich durchzuführen, die Reaktionsstärke allmählich zu steigern und die Grundregeln für kalte und warme Kneipp-Anwendungen zu beachten.“ Jede Person reagiere anders.
Einfach kneippen
Kneipps Phytotherapie verwendet die naturgegebenen Wirkstoffe der ganzen Heilpflanze. Sie setzt die Heilkräuter gezielt ein, damit diese ihre sanfte Kraft entfalten. Innerlich werden sie etwa als Heilkräutertee oder Gewürz angewendet, äusserlich zum Beispiel als Kräutersalbe oder Kräuterzusatz für Bäder.
Über achtzig öffentliche, frei benutzbare Anlagen laden in der Schweiz zum Kneippen. Deren fünfzig zählt der Schweizer Kneippverband zu den schönsten. Sie befinden sich in der Natur, sind oft ausgestattet mit Ruhebänken, Grillstellen, ab und zu mit Kinderspielplätzen.
Erich Senn ist Präsident des Schweizer Kneippverbands, diplomierter Gesundheitsberater der Kneipp-Hydrotherapie, Kursleiter für Heilpflanzenkunde und für Nordic Walking sowie Dozent an einer Heilpraktikerschule und einer Fachschule für Gesundheitsberufe. Er ist zudem ausgebildet in AION A-Therapie (Schweizer Heilgestein), Schüsslersalze Grundlagen und Antlitzdiagnose.
Fotos: Schweizer Kneippverband, Erich Senn, © Familie Grebmer (Porträt Sebastian Kneipp)
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