Startseite Therapien und MethodenGesünder durch Self Care: Was Mind Body Medicine bewirkt

Gesünder durch Self Care: Was Mind Body Medicine bewirkt

von Olaf Müller
Rückenansicht einer Frau, die in einem sommerlichen Kleid an der Schiffsreling stehend aufs Meer blickt

Ein Spaziergang im Wald, bewusste Atmung, mehr Gemüse auf dem Teller: Mind Body Medicine stärkt die Gesundheit mit Methoden der Selbstfürsorge – unabhängig davon, ob man erkrankt ist oder einfach gesund altern möchte.

von Karin Meier

Die Selbstwirksamkeit stärken

Eine Frau macht stehend mit erhobenen Armen YogaMind Body Medicine ist ein ganzheitlicher Ansatz der Komplementärmedizin. Er versteht Körper und Psyche als Einheit und stellt die Selbstfürsorge (Self Care) ins Zentrum. Ziel ist es, durch verschiedene, sich ergänzende Methoden die Gesundheit zu fördern, Stress und Beschwerden zu lindern und die Selbstwirksamkeit zu stärken.

Zu den angewandten Methoden zählen Bewegung (wie Yoga oder Qigong), Ernährungsumstellungen, Entspannungs- und Atemübungen, Schlafhygiene, Akupressur und andere komplementärmedizinische Self-Care-Methoden sowie natur- und kunstbasierte Ansätze wie Spaziergänge und Malen. Die Idee dahinter: Viele Erkrankungen haben eine psychische Komponente – Krankheiten verursachen Stress, was den Körper und die Psyche noch mehr belastet. Diesem Teufelskreis wirkt Mind Body Medicine entgegen.

«Manchmal stärkt die Psyche den Körper, manchmal ist es umgekehrt.» Prof. Dr. med. Claudia Witt

Ihre Methoden werden jedoch nicht nur in der Therapie, sondern auch in der Prävention eingesetzt, wo sie das gesunde Altern unterstützen. Entwickelt wurde der Ansatz in den 1960er- und 1970er-Jahren von Herbert Benson von der Harvard Medical School in den USA.

Behandlung berücksichtigt persönliche Bedürfnisse

Die Methoden der Mind Body Medicine bilden eine Art Toolbox. Aus ihr lässt sich das herausgreifen, was zur jeweiligen Person passt. Die Methoden sind anschlussfähig, sodass sie mit vielen medikamentösen, operativen oder psychotherapeutischen Therapieformen kombiniert werden können. Dies erlaubt eine starke Individualisierung des Behandlungsplans.

Dieser Punkt sei zentral, betont die Lehrstuhlinhaberin für Komplementär- und Integrative Medizin der Universität Zürich, Prof. Dr. med. Claudia Witt: «Mind Body Medicine berücksichtigt sowohl die Primärtherapie als auch die persönlichen Lebensumstände und Bedürfnisse. Einer Person, die dauernd am Smartphone und dadurch gestresst ist, würde ich zum Beispiel keine App mit Entspannungsübungen empfehlen. Eine Patientin mit chronischen Rückenschmerzen wiederum erhält ein anderes Sportprogramm als ein Patient mit Fatigue bei Krebs.»

Mind Body Medicine trägt ausserdem dem One-Health-Ansatz Rechnung. Dieser betrachtet die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt als System und nutzt deshalb Interventionen, welche die Umwelt möglichst wenig belasten.

Entspannungsübungen für zu Hause

Mit dem Projekt digital health space will das Institut für Komplementär- und Integrative Medizin der Universität Zürich Menschen motivieren, aktiv etwas zu ihrer Gesundheit beizutragen. Dies gilt sowohl in Phasen intensiver medizinischer Behandlung, nach Abschluss einer Therapie oder zur allgemeinen Gesundheitsförderung und Prävention. In solchen Fällen können sogenannte Self-Care-Massnahmen eine wertvolle Unterstützung bieten, beispielsweise Entspannungsverfahren, Achtsamkeitstechniken oder Akupressur, die leicht erlernt und eigenständig angewendet werden können. ZU DEN ÜBUNGEN 

Wissenschaftlich fundierte Methoden

Die meisten der in der Mind Body Medicine eingesetzten Methoden sind wissenschaftlich abgestützt und werden in den medizinischen Leitlinien zur Behandlung spezifischer Erkrankungen aufgeführt. Achtsamkeitsbasierte Verfahren werden etwa bei chronischen Rückenschmerzen mit einer moderaten Evidenz bewertet. Claudia Witt führt überdies eigene universitäre Studien durch, um die Wirksamkeit einzelner Methoden zu belegen.

Eine von der Krebsforschung Schweiz geförderte Arbeit bestätigt unter anderem den Nutzen von Entspannungs- und Achtsamkeitstechniken bei Menschen mit Krebs. Eine weitere Studie untersucht aktuell die Wirkung von Akupressur und Achtsamkeit. In beiden Fällen werden die Methoden digital – über eine App beziehungsweise eLearning – vermittelt.

Mind Body Medicine eignet sich für Menschen, die aktiv etwas für ihre Gesundheit tun möchten.» Prof. Dr. med. Claudia Witt

Daneben umfasst die Mind Body Medicine auch Ansätze wie Aromatherapie und Wickel, die in der Bevölkerung verbreitet sind, zu denen aber bisher kaum Studien vorliegen.

Ärztinnen, Psychologen und Pflegefachpersonen wenden die Methode an

Längst ist Mind Body Medicine kein Nischenthema mehr. Der integrative Ansatz findet zunehmend Eingang in die alltägliche Gesundheitsversorgung – nicht zuletzt, weil er sich gut mit bestehenden medizinischen Konzepten verbinden lässt. So haben bereits über 100 Fachpersonen das «CAS in Gesundheitspsychologischer Lebensstiländerung und Mind Body Medicine» der Universität Zürich absolviert, darunter Ärztinnen und Ärzte, Psychologen und Psychologinnen, Hebammen, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten sowie Pflegefachpersonen.

Sie alle wenden das Konzept in ihrem Berufsalltag an – von der Geburtsvorbereitung bis zur Onkologie. «Ein weiterer Grund für das wachsende Interesse ist der Umstand, dass sich immer mehr Menschen gestresst fühlen und alltagstaugliche Möglichkeiten suchen, um ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen», sagt Claudia Witt. Auch das gesellschaftliche Bewusstsein für Prävention nimmt zu. All dies macht Mind Body Medicine zu einem Ansatz mit Zukunft.


Kurzinterview • 3 Fragen an Prof. Dr. med. Claudia Witt

«Mind Body Medicine ist nichts für Menschen mit Doctor-fix-me-Mentalität»

Frau Professorin Witt, welche Rolle spielt die Verbindung zwischen Körper und Psyche für unsere Gesundheit?

Prof. Dr. med. Claudia Witt: Wir sind ein Ganzes – Körper und Psyche gehören untrennbar zusammen und beeinflussen einander. Manchmal stärkt die Psyche den Körper, manchmal ist es umgekehrt. Wichtig ist, dass wir ein Bewusstsein für beide Bereiche entwickeln und wahrnehmen, wie es uns gerade geht – körperlich und psychisch. Dann gelingt es uns auch am ehesten, die Balance wiederzufinden oder sie bestenfalls gar nicht erst zu verlieren.

Prof. Dr. med. Claudia Witt hat den Lehrstuhl für komplementäre und integrative Medizin an der Universität Zürich inne.

Gibt es bestimmte Patientengruppen, die besonders von Mind Body Medicine profitieren?

Mind Body Medicine eignet sich für Menschen, die aktiv etwas für ihre Gesundheit tun möchten. Onkologische Patientinnen und Patienten profitieren zum Beispiel, weil sie parallel zur onkologischen Behandlung zusätzlich selbst etwas unternehmen können. Auch Menschen mit anderen chronischen Erkrankungen kommt Mind Body Medicine zugute – ebenso wie gesunden Menschen wie mir, die Stress reduzieren und Erkrankungen vorbeugen möchten. Umgekehrt ist Mind Body Medicine nichts für Menschen mit einer Doctor-fix-me-Mentalität.

Wie sieht eine Mind-Body-Medicine-Therapie aus?

Das Drücken bestimmter Akupressur-Punkte kann Übelkeit reduzieren, die als Folge einer Chemotherapie auftritt.

Am Anfang verschaffen wir uns einen umfassenden Eindruck: Wie geht es der Person, wie lebt sie, was bringt sie mit? Dann schauen wir, wie stark sie in den verschiedenen Bereichen – wie Bewegung, Ernährung oder Achtsamkeit – bereits aktiv ist. Unser Ziel ist es, Methoden zu finden, die zur Person und ihren übrigen Therapien passen und sich gut anwenden lassen. Motivation spielt dabei eine zentrale Rolle: Wenn jemand partout keinen Sport machen möchte, überrede ich ihn nicht dazu. Manche Elemente, wie Akupressur gegen Übelkeit bei einer Chemotherapie, haben einen klaren zeitlichen Rahmen. Andere, wie Entspannung und Ernährungsumstellung, sind langfristig wertvoll für ein gesundes Leben.


Die gesamte Komplementärmedizin und -therapie zielt darauf ab, die Gesundheit zu stärken und die Selbstfürsorge zu fördern. Lesen Sie mehr dazu:


Bilder: Buddy PhotoUnsplash.com / 2 x M Good – zVg / Diana – Pexels.com / Steve Johnson – Pexels.com / Kampus Production – Pexels.com / zVg – Dr. med. Angela Kuck / Copyright IKI


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